Es ist ein ständiges Tauziehen: Naturschützer wollen das Wasser in der Landschaft behalten damit es in den Boden eindringt und als Wasserspeicher fungiert und Landwirte drängen auf Drainage ihrer Anbauflächen, um auch Moore, Feuchtgebiete, Auen und Überflutungsflächen, die früher lediglich eingeschränkt als Grünland nutzbar waren, landwirtschaftlich zum Getreide- oder Maisanbau nutzen zu können.
Im Zeichen des fortschreitenden Klimawandels kann die über Jahrzehnte praktizierte entwässerungsbasierte Wirtschaftsweise der Landwirtschaft so nicht mehr verantwortet werden. War es bisher üblich, dass die Entwässerungsverbände/ Wasserwirtschaftsverbände oft dem Wunsch der Landwirtschaft nach Entwässerung weitgehend nachkamen, so konnte auch auf feuchten Böden, die früher als reine Grünlandstandorte galten, intensive Landwirtschaft betrieben werden. Durch die Entwässerung werden die Bodenporen belüftet und die durch das hohe Grundwasser konservierte organische Masse wird durch das auflebende Bodenleben mineralisiert. Die so entstandenen mineralischen Stickstoffe sind so hoch, dass große Mengen nicht von Pflanzen aufgenommen werden können und so sickern das überschüssige Nitrat (NO3) der Schwerkraft folgend in das Grundwasser. Bei diesem Mineralisierungsprozess wird neben dem Nitrat gleichzeitig klimaschädliche Gase, vorrangig Kohlenstoffdioxid (CO2) und Lachgas (N2O), frei und gelang in die Atmosphäre. Besonders kritisch sind die Lachgaseinträge in die Atmosphäre, weil sie ca. 300 x klimaschädlicher als Kohlenstoffdioxid sind. Weitere Folge ist, dass der nunmehr mineralisierte Boden deutlich dichter ist als ein Boden mit hohem organischen Anteilen: der Boden sinkt in Richtung Grundwasser. Die Landwirte stellen fest, dass ihre Böden wieder zu nass werden und drängen auf vermehrte Entwässerung. Eine Schraube ohne Ende. Wer diesen Effekt direkt beobachten möchte, der/die kann gut geologische Karten aus verschiedenen Zeitabschnitten vergleichen. Die Flächen sinken immer tiefer ab.
Seit Beginn des 20. Jahrhunderts ist durch die durch ständige Entwässerung minimalisierte (zerstörte) Organische Bodenmasse der Boden um nahezu einem Meter gesackt. Dabei wurden große Mengen der Klimagase Kohlenstoffdioxid (CO2) und Lachgas (N2O) in die Atmosphäre sowie gleichzeitig bedeutende Mengen Nitrat (NO3) in das Grundwasser freigesetzt.
Besonders eindrucksvoll sind z.B. Brücken über Entwässerungsgräben auf Feldwegen. Diese sind meist tief bis in den Sand oder auf den Fels gegründet und senken sich, im Gegensatz zu den Feldwegen und der umgebenden Landschaft, nicht ab, sie stehen jedes Jahr höher in der Landschaft. Jetzt wisst Ihr, warum manche Brücken zu Ölwannenkillern werden und deshalb alle Jahre die Anfahrten immer wieder angeflickt werden müssen.
Neben der Vermeidung der Nitratanreicherung und dem Eintrag von klimaschädigendem Treibhausgase (CO2 und N2O) verbietet der Klimawandel mit seinem deutlichen Temperaturanstieg das Ableiten des Oberflächenwassers aus der Landschaft. Die Folgen der Dürresommer in den letzten Jahren lassen sich nur noch durch eine intelligente Wasserhaltestrategie in der Landschaft abmildern. Wasser steht in Deutschland bereits jetzt nicht mehr grenzenlos zur Verfügung, der Verteilungskampf hat bereits begonnen. Neben der vermehrten Anstauung des Oberflächenwassers in Gräben, der Wiederbelebung von Teichen, Seen, Überflutungsflächen und Auen müssen Feuchtgebiete, Moore und Flussläufen mit Pegelpendelraum renaturalisiert werden. Das Wasser muss in der Landschaft bleiben und darf nicht entsorgt werden, um die zunehmende Frühjahrs- und Sommerdürre abfedern zu können.
Das bedeutet aber auch, dass nicht an jedem Tag das Grünland von den Pferden beweidet werden kann. Wenn in der vegetationsfreien Winterzeit der Boden vermehrt Wasser speichern soll, dann hat das natürlich Auswirkungen auf die Trittfestigkeit des Grünlandes.
Wir müssen uns entscheiden: Dauernde, konsequente Entwässerung und Trittfestigkeit über das ganze Jahr mit dem Nachteil einer Futtermittelknappheit im Sommer oder aber ein Beweidungsstopp im Winter mit der Möglichkeit der Wasserspeicherung des Bodens und einer auskömmlichen Futterproduktion für unsere Pferden.
Beides, konsequente Entwässerung mit Allwetterweiden und ausreichende Futterproduktion gibt es heute und zukünftig nicht mehr.
Methoden, um das Wasser zurück in die Landschaft zu bringen
Als besonders effektiv mit einem hohen Wirkungspotential bei der Wasserrückhaltung haben sich drei mögliche Maßnahmen erwiesen:
- aktive Stauhaltung z.B. mit Rückhaltebecken, um festgelegte, optimale Stauziele zu halten
- Drainage- Rückbau z.B. durch Deaktivierung vorhandener Drainagen und/oder aktive, angepasste Drainagesteuerung vorhandener Entwässerungsanlagen
- Anhebung der Grabensohle durch gewässertypisches Substrat bei gleichzeitiger Verbreiterung des Grabenprofils (Überflutungsschutz)
Alle drei Methoden sind nur in Zusammenarbeit mit den zuständigen Wasserbehörden/ Wasserverbänden zu realisieren, da genehmigungspflichtig.
Merke:
Humusaufbau im Boden entzieht der Atmosphäre das Klimagas CO2
Humusabbau reichert die Atmosphäre mit dem Klimagas CO2 an.
Schon 2015 hatte der französische Agrarminister Stephane le Foll beim Klimagipfel in Paris die Initiative „4 Promille“ vorgestellt. Seine Idee: Wenn weltweit jährlich vier Promille mehr organische Bodenmasse in den Böden gespeichert würde, so könnten damit alle globalen, vom Menschen gemachten Treibhausgasemissionen kompensiert werden. Der durch die Erhöhung der Organischen Masse gespeichert Kohlenstoff im Boden sollte, so die einhellige Meinung der Fachleute, ein großer Beitrag zum Abbremsen des Klimawandels werden. Immerhin ist die Landwirtschaft für 20% der klimaschädigenden Treibhausgase verantwortlich. Deshalb hat auch Deutschland sich durch Unterschrift verpflichtet, die „4 Promille- Initiative“ zu unterstützen. Einen wesentlichen Beitrag zur decarbonisierenden Pferdehaltung leisten diejenigen Tierhalter*innen, die auf Grundwasserabsenkungen und Grünlandumbrüche verzichten und stattdessen dem Boden kontinuierlich Organische Masse (z.B. Rindermist, Pilzsubstrat, Mulch, usw.) zuführen und gleichzeitig eine bodenschonende Beweidung (kein Werdegang auf wassergesättigten Böden, Weidewechsel, keine Überweidung, usw.) vornehmen.
Hallo Herr Arnold,
erst mal vielen Dank für den super Vortrag gestern abend, er war sehr interessant und lehrreich.
Nun habe ich dazu eine Frage, oder gleich mehrere:
Wir haben Weiden an einem Fluss und die sind teils sehr feucht. An einigen Stellen sind Wasserlilien.
Wie kann ich die weg bekommen?
Auf den Weiden wurde seid 15 Jahren nicht gemacht und immer ganzjährig die Pferde darauf gelassen. Letztes Jahr haben wir einmal gekalkt und nun Portionsweiden und Äpfeln ab. Das Entfernen von Giftpflanzen wie Jakobkreutzkraut mit inbegriffen. Die Weiden sind schon um einiges besser geworden. Leider haben wir ganz viel Hahnenklee, nun meine Frage, bringt es etwas die weide zu mulchen?
Wenn wir nachsäen ist leider der Hahnenklee schneller. Die Samen kommen gar nicht richtig an die Erde.
Mit freundlichem Gruß
Anja
Hallo Anja,
ich freue mich, dass Dir der Vortrag gefallen hat, auch wenn er natürlich die Zuhörer schon sehr gefordert hat. So viele Infos in so kurzer Zeit, dass ist schon schwere Kost. Gerne versuche ich, Deine Fragen zu beantworten. Dabei wirst Du sehen, dass es die eine Antwort und Lösung nicht gibt. Du siehst wieder, wie komplex (und damit spannend) das mit dem Grünland ist.
Sowohl die Sumpf- Schwertlilie (Wasserlilie) als auch der Hahnenfuss (den meinst Du sicher, denn Hahnenklee ist der Ort im Harz) sind +giftig. Das bedeutet, dass Pferde Probleme erst bekommen, wenn sie große Mengen davon fressen. Also kiloweise und dann über einen längeren Zeitraum. Dabei ist der gewöhnliche Hahnenfuss ungiftiger und es bedarf massiver Mengen (also komplette Fütterung mit Hahnenfuss über Tage). Während der scharfe Hahnenfuss etwa so giftig wie die Supf- Schwertlilie ist. Im Heu ist der Hahnenfuss durch die Trocknung ungiftig. In der Silage erst nach zwei Monaten.
Beide Pflanzen, der Hahnenfuss und die Sumpf- Schwertlilie sind Sumpfpflanzen und repräsentieren immer auch einen sauren Boden mit nur geringem Bodenleben. Gleichzeitig wird es immer Probleme mit der Trittfestigkeit geben. Vorteil ist aber, dass diese Biotope das Wasser halten und eine Sommerdürre sowie Winterhochwasser verhindern. Die solltest wissen, die Sumpfschwertlilie ist eine besonders schützenswerte Pflanze (Bundesartenschutzverordnung).
Natürlich kannst Du jetzt versuchen, das Biotop komplett zu verändern: Wasser ableiten und Boden massiv aufkalken. Damit zerstörst Du aber ein schützenswertes Feucht- Biotop, welches geeignet ist, den Klimawandel und dessen Folgen zu begrenzen. Durch die großen Eingriffe in die Flusslandschaft verhinderst Du, dass das Wasser in der Landschaft gehalten wir und im Sommer die Dürre verhindert. Gleichzeitig wird der Boden durch die Wasserableitung belüftet und das Bodenleben arbeitet überdurchschnittlich. Es entstehen große Mengen an mineralischen Stickstoff. Das führt zu Nitrateinträgen in den Fluss (Fischsterben) und zum Freiwerten des Klimaschadgases Lachgas. Jetzt hast Du einen weiteren Effekt: Die große Mineralisierung verdichtet den Boden (Minerale nehmen weniger Platz ein als organisches Material) und die Bodenoberfläche senkt sich abwärts. Und siehe da, Dein Grünland vernässt plötzlich schon wieder, weil der Boden zum Grundwasserstand gewandert ist. Also auch keine Lösung.
Bedenken musst Du auch, dass an Flussrändern gesetzliche Dünge- und Bearbeitungsauflagen bestehen. Bis hin zu Naturschutzauflagen. Also bevor Du etwas machst, frage beim Umweltamt, der Landwirtschaftskammer Niedersachsen oder dem Wasserwirtschaftsamt. Das kann sehr teuer werden, wenn Du da gegen Auflagen verstößt.
Du wirst mit der Gegebenheit leben und Dich an die Natur anpassen müssen. Die Natur nach Deinen Wünschen zu verändern ist keine Option im Sinne der Nachhaltigkeit. Es ist sicher richtig, dass Dauergrünland bei uns immer vom Menschen beeinflusst werden muss, aber mit und nicht gegen die Natur. Das ist mein Rat an Dich: Wenn der Boden zu feucht wird, dann müssen die Pferde dort runter und auf trockenere Standorte. Deshalb wirst Du auf diesem Standort immer längere Weidepausen einlegen müssen, als auf trockeneren Standorten. Wahrscheinlich wäre es sogar besser, auf diesen Flächen grundsätzlich nur Heu zu machen, also Wiese statt Weide. Dann hast Du den Vorteil, dass Du im Sommer genügend Wasser und somit einen guten Ertrag hast und gleichzeitig schützt Du den Boden vor Verdichtungen durch die Huftritte. Du arbeitest dann einfach nachhaltig. Den direkten Uferbereich mit den Sumpf- Schwertlilien lässt Du bestehen und freust Dich dort über die intakte Natur. Da kannst Du dann wegen der giftigen Sumpf- Schwertlilien, kein Heu werben. Ganz viele Insekten und Vögel werden es Dir danken.
Mit Mulchen veränderst Du die Weidesituation nicht in die gewünschte Richtung.
Du siehst jetzt an meiner Antwort, dass nicht jede Fläche sich als Pferdeweide eignet.
Ja, jetzt kennst Du meine Meinung dazu. Ich hoffe, Du hast Dir nicht zu viel versprochen von meinem Rat und bist jetzt enttäuscht.