Strategien: Bodenverdichtungen vermeiden

Etwa die Hälfte des Bodens besteht aus Hohlräumen, Poren genannt. Durch Befahren und Beweiden wird nicht selten die Stabilität des Bodens überschritten, es werden die Hohlräume zerquetscht, der Boden verdichtet sich.

Dies geschieht oft bis weit in die tieferen Bodenschichten, dann ist nicht nur der Oberboden ( meist 0-30 cm) sondern auch der Unterboden (< 30 cm) nicht selten bis  1,20 cm betroffen. Die Folge sind …

  • Ertragsminderungen oft bis 50 %,
  • das Bodenleben wird mangels Lebensraum und Sauerstoffmangel deutlich reduziert und
  • Verringerung des Bodenwassergehaltes weil die Versickerung von Niederschlägen eingeschränkt wird. Das Niederschlagswasser bleibt auf dem Oberboden stehen und verdampft oder fließt oberflächlich ab, ohne in den Bodenporen gespeichert zu werden und steht so den Pflanzen, besonders im Sommer, nicht mehr zur Verfügung.
  • Durch oberflächlich abfließendes Niederschlagswasser kommt es zu Bodenerosionen, die besonders wertvollen kleinen Bodenpartikel erodieren.
  • Die Durchwurzelungstiefe der Pflanzen nimmt ab, da sie nicht mehr in der Lage sind, den verdichteten Boden zu durchdringen. Die Pflanzen haben einen schlechteren Zugang zu Nährstoffen (Wachstumsfaktoren) und sind weniger Trockenresistenz, weil der Zugang zum feuchteren Unterboden (Bodenwasseranschluss) fehlt.
  • Neubildung des Grundwassers wird verringert, da das Niederschlagswasser nicht mehr durch die Bodenschichten in das Grundwasser sickert.
  • Der Treibhauseffekt wird verstärkt, da durch die Verminderung des Luftgehaltes und die damit einhergehende Verjährung des Bodens vermehrt Methan und Lachgas in die Umwelt abgegeben wird.
  • Die Überschwemmungsgefahr mit weitreichender Bodenerosion steigt, weil Niederschläge nicht mehr vom Boden aufgenommen und gespeichert werden, sondern in Oberflächengewässer abfließen werden. Die Gefahr von Bodenerosionen und Überschwemmungen nimmt auch deshalb stark zu, weil nachweisbar durch den Klimawandel es im Sommer zu langanhaltenden Gewitterlagen kommt, die punktuell große Starkregenmengen ausschütten.
Bodenverdichtungen verhindern die Aufnahme von Niederschlagswasser. Das Wasser verdunstet, verschlämmt den Oberboden mitsamt seiner Bodenporen, tötet das Bodenleben ab und kann durch oberflächlichen Abfluss zu Bodenerosionen und im Extremfall zu überschwemmten Wasserläufen führen.

Das Umweltbundesamt geht davon aus, dass bis zu 20% aller bewirtschafteten Flächen Bodenschadenverdichtungen aufweisen. Dazu tragen in besonderer Weise auch Pferdeweiden bei, weil nicht nur der Maschineneinsatz, sondern auch Pferde mit ihren punktuell wirkenden Hufen den Boden erheblich, bis in den Unterboden verdichten können. Untersuchungen haben ergeben, dass Pferde die Böden stärker verdichten als Traktoren.

Das Ausmaß der Bodenverdichtung ist im Wesentlichen abhängig von der Bodenart, der Bodenfeuchtigkeit und dem Tierbesatz sowie dem Grünlandmanagement abhängig.

So beurteilen Wissenschaftler den Boden, wenn es um Verdichtungen geht:

effektive Lagerungsdichte (z.B. kg/l, kg/hl, t/m2Luftkapazität (Vol.%)gesättigte Leitfähigkeit (cm/Tag)
(mehr Infos)
GefügeeigenschaftenKlasse 
>= 1,8 <5< 10 sehr ungünstig 5
1,7 – < 1,85-<7 10 – < 40 ungünstig4
1,6 – < 1,77 – < 13 40 – < 100 mittel3
1,4 – < 1,6 13 – < 26100 – <300 günstig2
< 1,4 >= 26>= 300 sehr günstig1
nach Bodenkundliche Kartieranleitung, KA5

Auch Tiere können Böden massiv verdichten und langjährig schädigen.

Im Übrigen lohnt es auch für Pferdehalter einmal einen Blick in das Bodenschutzgesetz (BBodSchG) werfen: 

Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und zur Sanierung von Altlasten (Bundes-Bodenschutzgesetz – BBodSchG)

§ 17 Gute fachliche Praxis in der Landwirtschaft

(1) Bei der landwirtschaftlichen Bodennutzung wird die Vorsorgepflicht nach § 7 durch die gute fachliche Praxis erfüllt. Die nach Landesrecht zuständigen landwirtschaftlichen Beratungsstellen sollen bei ihrer Beratungstätigkeit die Grundsätze der guten fachlichen Praxis nach Absatz 2 vermitteln.

(2) Grundsätze der guten fachlichen Praxis der landwirtschaftlichen Bodennutzung sind die nachhaltige Sicherung der Bodenfruchtbarkeit und Leistungsfähigkeit des Bodens als natürlicher Ressource. Zu den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis gehört insbesondere, daß

1. die Bodenbearbeitung unter Berücksichtigung der Witterung grundsätzlichstandortangepaßt zu erfolgen hat,

2. die Bodenstruktur erhalten oder verbessert wird,

3. Bodenverdichtungen, insbesondere durch Berücksichtigung der Bodenart, Bodenfeuchtigkeit und des von den zur landwirtschaftlichen Bodennutzung eingesetzten Geräten verursachten Bodendrucks, so weit wie möglich vermieden werden,

4. Bodenabträge durch eine standortangepaßte Nutzung, insbesondere durch Berücksichtigung der Hangneigung, der Wasser- und Windverhältnisse sowie der Bodenbedeckung, möglichst vermieden werden,

5. die naturbetonten Strukturelemente der Feldflur, insbesondere Hecken, Feldgehölze, Feldraine und Ackerterrassen, die zum Schutz des Bodens notwendig sind, erhalten werden,

6. die biologische Aktivität des Bodens durch entsprechende Fruchtfolgegestaltung erhalten oder gefördert wird und

7. der standorttypische Humusgehalt des Bodens, insbesondere durch eine ausreichende Zufuhr an organischer Substanz oder durch Reduzierung der Bearbeitungsintensität erhalten wird.

Das hat mit fachgerechter Landwirtschaft und Bodenschonung nichts mehr zu tun. Hier führte der Traktoreinsatz zu vermeidbaren, nicht tolerierbaren Bodenschäden.

Wie können Bodenverdichtungen des Pferdegrünlandes wirkungsvoll verhindert werden?

Nasse Böden neigen stärker unter Verdichtungsschäden als trockene Böden. Da die Wetterdienste in Deutschland mehr Niederschläge im Winter in Form von Regen erwarten und stark regionalisiert in den Dürrephasen Starkregenereignisse prognostizieren, müssen sich Pferdehalter auf eine wetterabhängige Beweidung einstellen. Da nasse Böden nicht beweidet und befahren werden dürfen, gehört es zukünftig zur guten fachlichen Praxis der Pferdehaltung, für die Tiere sowohl einen ausreichend großen, machfreien Paddock als auch Weideflächen vorzuhalten. In Einzelfällen können lange Weidewege, wenn pferdegerecht eingezäunt, als Paddockersatz dienen. Die Alternative, Pferde bei niederschlagsreichen Wetterlagen in Boxen zu halten, ist nicht tiergerecht.
Nasser, nicht tragfähiger Boden darf nicht befahren werden. Das gilt auch für die Futteranlieferung.
Bei Trockenheit darf das Pferdegrünland nur sehr vorsichtig befahren werden. Das gilt ganz besonders bei Kurvenfahrten. Die sorglose Nutzung der Servolenkung macht Bodenschäden möglich. Zeitmangel darf nicht durch hohe Geschwindigkeiten ausgeglichen werden. Eine gute Planung muss Doppelbefahren vermeiden.
Immer öfter werden Lohnunternehmen bzw. Maschinenringe in der Grünlandpflege (Mähen, Mulchen, Ballensilage, Düngung, usw.) eingesetzt. Hier muss der Auftraggeber*in klare Vorgaben z.B. hinsichtlich Fahrzeuggewichte, Reifendruck, Fahrgeschwindigkeit, Kurvenfahrten, Schnitthöhe, Abstände zu Gewässern, Wildkrautstreifen, Hecken, usw. machen. Das wird aber nur akzeptiert, wenn das beauftragte Unternehmen auch kostendeckend arbeiten kann.
Pensionsställe versuchen derzeit vielerorts durch möglichst niedrige Pensionspreise ihre Ställe zu füllen. Erschwerend kommt hinzu, dass nicht wenige Pensionsställe ihre Kosten nicht fachgerecht kalkulieren. Für eine nachhaltige Wirtschaftsweise und Gute fachliche Praxis ist weder zeit noch Geld. Pferdehaltung kostet Geld, die muss fair entlohnt werden. Wenn das nicht möglich ist, kann ein Pferd nicht als Mitgeschöpf tiergerecht versorgt werden.
Einsatz leichterer Maschinen mit breiten Reifen, Luftdruckregelanlagen (hoher Druck auf der Straße, niedriger Druck auf dem Grünlandboden)
Schlupf (mehr Infos) vermeiden durch sanftes Gasgeben und Bremsen sowie vorsichtige Kurvenfahrt (Kein Sliding!!) und geringe, gleichbleibende Geschwindigkeit. Traktorposing ist nicht zielführend.
Der Wurzelfilz des Dauergrünlandes schützt vor Bodenerosionen, speichert Wasser, bietet dem Bodenleben gute Möglichkeiten und macht das Grünland tragfähig. Das gelingt aber nur, wenn einzelne Narbenschäden ständig durch Nachsaat behoben werden. Diese Maßnahme verhindert übrigens auch wirksam die Ausbreitung von Jacobs- Kreuz- Kraut, weil die Samen auf einer geschlossenen Grasnarbe nicht so leicht auskeimen können.
Fachgerechte Kalkung nach Ergebnis der Bodenprobe begünstigt die stabile Krümelbildung der kleinen Bodenteilchen, wie Ton und Schluff zu Großaggregaten. Das Porenvolumen erhöht sich deutlich: geringere Anfälligkeit gegenüber Verdichtungen, gute Durchwurzelung der Pflanzen, bessere Wasserspeicherung und Förderung des Bodenlebens. Pferde nutzt der höheren Calciumanteil im Gras durch Einbau des Minerals im Knochen und sorgt so für ein widerstandsfähiges Skelett (harte Knochen).
Bodentragfähigkeit (Porenstabilität) verbessern: z.B. organische Düngung, Humusaufbau, regelmäßige Kalkung mit Kohlensaurem Kalk (CaCO3).
Mit jeder Überrollung wird bei gleichem Fahrzeug und Gewicht der Verdichtungsschaden größer. Deshalb ist eine gute Planung aller Arbeiten auf dem Grünland notwendig. Es ist ein Irrglaube, dass eine bereits verdichtete Fläche nicht noch mehr geschädigt werden kann, so z.B. im Bereich von Toren, Raufen, Tränken, usw..
Der Boden im Bereich von Toren sowie Fütterung- und Tränkeanlagen muss ausreichend gegen dauerhafte Verdichtung geschützt werden. Bewährt hat sich bei Dauergebrauch an selber Stelle eine fachgerechte, offenporige Pflasterung.
Beachtung der Bodenart:
Sehr hohe Verdichtungsempfindlichkeit bei hoher Bodenfeuchte weisen die Marschen der Küstenregion, tonige Böden der Flusslandschaften, Geschiebelehme der Jungmoränenlandschaften, Böden der Lössgebiete sowie aus tonig verwitternden Gesteinen auf. Die Empfindlichkeit ist weniger ausgeprägt bei den sandigeren Böden der Jungmoränenlandschaft, der Lössgebiete mit Lehmschluffen und generell den sandigen Landschaften des Altmoränengebietes und der reinen Sande. 

Weitere Infos:

https://www.umweltbundesamt.de/themen/boden-landwirtschaft/bodenbelastungen/verdichtung#welche-massnahmen-vermeiden-verdichtung

https://www.hs-osnabrueck.de/fileadmin/HSOS/Studium/Studienangebot/Studiengaenge/Masterstudiengaenge/AuL/Boden__Gewaesser__Altlasten/Dokumente/2012_Tagungsband_Bodenschadverdichtung.pdf

sowie Eingabe „Basics“ in der Suchlupe

Strategien: Osmoregulation

In der Mongolischen Steppe regnet es oft monatelang nicht. Wasser finden die Pferde nur an Grundwasserquellen. Durch eine hohe Kalium- und Calciumversorgung sind die Steppengräser trockenresistenter als bei uns in Mitteleuropa.

Osmoregulation ist die Fähigkeit einer Zelle, die Konzentration an Wirkstoffen und Wasser zu regeln und zu kontrollieren. Normalerweise gleichen sich Konzentrationen in einem Flüssigkeitsraum immer aus. Folglich kann eigentlich weder der Nährstoffgehalt als auch der Wassergehalt einer Pflanzenzelle höher oder niedriger als der im Boden sein, denn die Pflanze ist mit ihren Zellen über die Wurzeln direkt mit dem Boden verbunden. Pflanzenzelle und Boden ist ein Flüssigkeitsraum. Wenn Pflanzen nicht in der Lage wären, ihren Nährstoff- und Wassergehalt ihn ihren Zellen entgegen der Bodenkonzentration zu steuern, dann wären sie völlig vom vorhandenen Boden abhängig. Dem ist nicht so, denn durch eine hohe Konzentration von Kalium und Calcium sind Pflanzen in der Lage, mehr Nährstoffe und mehr Wasser als im Boden in ihren Zellen zu speichern. Die Steuerung der Konzentration erfolgt in beide Richtungen. Bei einem Überangebot an Nährstoffen und Wasser verhindert die Osmoregulation zu hohen Nährstoffenkonzentrationen und Wassergehalte in der Zelle. Deshalb wird die Pflanze nicht nur trockenresistenter, sondern auch frostfester, weil die Pflanzenzellen nicht durch Frostsprengung geschädigt werden.

Durch eine ausreichende Ionenkonzentration, besonders von K+, Ca2+ und H+ (Proton) in ihren Zellen, ist eine Pflanze gegenüber Trockenstress resistenter, da sie bei Trockenheit des Bodens ihr Zellwasser samt Nährstoffen besser hält und nicht an den trockeneren Boden abgeben muss.

Eine Bodenprobe in der Mongolischen Steppe ergab, dass die Böden besonders reich an Calcium und Kalium sind, weil hier wenig Niederschläge für nur geringe Auswaschungen führen. Somit sind die Steppengräser in der Lage, aktiv im Austausch von H+ und HCO3 , gewonnen aus der Photosynthese, reichlich K+ und Ca2+ entgegen der Nährstoffkonzentration im Boden aufzunehmen. Eine Düngung dieser Nährstoffe ist nicht notwendig. Durch die optimalen Wasser- und Nährstoffgehalte in der Zelle sind die Pflanzen der Steppe trocken- und frostresistenter. Eigenschaften, die in der Steppe lebensnotwendig sind. In der Steppe nutzen die Pflanzen auch noch andere Mechanismen, den Trockenstress zu minimieren, wie Verhältnis Wurzelmasse zu Blättern, wenig Blattmasse, Drehen der Spaltöffnunfen aus Sonne und Wind, usw.

Die mögliche Strategie: Da wir in Deutschland in vielen Regionen immer öfter ein Steppenklima durch den Klimawandel registrieren, könnte eine ausreichende oder erhöhte Kalium- und Calciumversorgung der Grünlandböden die Gräser besser gegen Trockenstress zu schützen. Das würde bedeuten, die derzeitigen Düngeempfehlungen der Landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsanstalten (LUFA) einzuhalten oder sogar um eine Stufe (+20%) zu erhöhen. Die LUFA registriert derzeit eher geringere als überhöhte Versorgungsstufen beider Nährstoffe beim Pferdegrünland. Betriebe mit vergleichbaren Grünlandflächen könnten einmal versuchen, eine Parzelle entsprechend den derzeitigen Empfehlungen der LUFA mit Calcium und Kalium zu düngen und die Vergleichsfläche mit 20% zu „überdüngen“. Nur so kann die Frage beantwortet werden, ob für diesen Standort eine Erhöhung der Calcium- und Kaliumdüngung das Grünland trockenresistenter machen kann.

Strategien: Tiefwurzelnde Gräser

Alle bisherigen Klimaprognosen sagen voraus, dass der Jahresniederschlag auch im Klimawandel unverändert bleibt, allerdings wird sich die Verteilung ändern: Zunehmende Niederschläge im wärmeren Winterhalbjahr und abnehmende Niederschläge im zunehmend heißen, trockenen Sommerhalbjahr. Diese Klimaveränderung hat große Auswirkungen auf das Pferdegrünland. Hohe Erträge sind kaum noch zu erwarten. Das Futter für die Pferde wird knapper.

Die Grassorten des Pferdegrünlandes reagieren unterschiedlich auf Trockenstress. Besonders anfällig gegenüber der Sommerdürre ist das Weidelgras. Trockenheitstolerante Gräser sind auf vielen Standorten mittlerweile zu bevorzugen. Althergebrachte Ratschläge und nicht aktuelle Literatur sind nicht mehr empfehlenswert, sozusagen oldschool.

Standardgrasmischungen mit hohem Weidelgrasanteil sind im Zeichen des Klimawandels in Mitteleuropa auf vielen Flächen nicht mehr Stand der Technik.

Da der Ertrag durch die zunehmende Trockenheit abnehmen wird, muss folgerichtig die Düngung heruntergefahren und auch der Tierbesatz verringert werden. Darauf müssen sich Tierhalter einstellen.

Gräser mit hoher Toleranz gegenüber Frühjahrs- und Sommertrockenheit Eigenschaften
RohrschwingelFestuca arundinacea, robust, ertragreich, trockenresistent, tief wurzelnd, strukturbetontes Gras (Blatthärte), setzt sich in Grasmischungen besser durch als der sanftblättrige Rohrschwingel
Sanftblättriger Rohrschwingelbis zu 1 Meter tiefwurzelnd, da langsame Jugendentwicklung immer im August/ September aussähen, horstbildend, geringere Blatthärte
Wiesenschwingelweidefest, horstbildend
Knaulgrashorstbildend, robust, nutzungsunempfindlich
Lieschgras, Timothehorstbildend, Obergras, weidetest, strukturbetontes Gras
Wiesenschweidel, FestuloliumZüchtung aus Wiesenschwingel und Welschem Weidelgras, strukturbetontes Gras
Glatthafer, Französisches Raygrashorstbildend, beständig nur bei extensiver Beweidung, eher geeignet auf Dauerwiesen
FedergrasStipa pennata (Echtes Federgras) und Stipa capillata (Haar- Pfrimengras), horstbildend, als Steppengras hervorragend an Dürreperioden angepasst
Reihenfolge der Aufzählung ist zufällig, keine Bewertung. Einen Grünlandbestimmungsschlüsse findet Ihr unter MEDIEN

Die Landwirtschaftskammern Niedersachsen, NRW und SH empfehlen derzeit für Norddeutschland im Zuge des Klimawandels die aus ihrer Sicht besonders trockenheitstolerante Grasmischung GIV (Wiesenlieschgras, Knaulgras, Wiesenrispe und spätes Deutsches Weidelgras). Das LfL Bayern (Bayerisches Landesanstalt für Landwirtschaft) bietet eine entsprechend trockenheitstolerante Grasmischung für Süddeutschland an. Zur Zeit wird beim LfL auch an neueren, klimageeigneten Saatgutmischungen geforscht. Natürlich kann sich jeder Pferdehalter*in seine eigene Saatgutmischung erstellen bzw. einzelne Sorten zur Nachsaat einsetzen.

Basics: Wachstumsfaktoren

Pflanzen müssen Energie aufbauen und diese in Arbeit (Wachstum, Bewegung, Wassertransport, Blüte und Fruchtbildung) umwandeln. Damit dieses gelingt, müssen folgende Wachstumsfaktoren vorliegen:

Wachstumsfaktoren der Grünlandpflanzen
LichtSonnenlicht (Intensität und Tageslichtlänge)
NiederschlägeRegen, Schnee, Hagel, Tau
LuftKohlendioxid (CO2) zum Energieaufbau (= Assimilation) –
Sauerstoff (O2) zur Verbrennung der aufgebauten Energie und Umwandlung in Arbeit (Wachstum, Bewegung, Wassertransport, Fruchtbildung) (= Dissimilation)
Wärmeideal für Dauergrünland (höchster Nettogewinn): 18°C – 20°C
BodenwasserNutzbare Feldkapazität (nFK)
mineralische NährstoffeHauptnährstoffe (Stickstoff N, Phosphor P, Kalium K Magnesium Mg, Calcium Ca, Schwefel S)
Spurennährstoffe (Bor B, Eisen Fe, Mangan Mn, Kupfer Cu, Molybdän Mo, Zink Zn)
nichtmineralische Nährstoffe Kohlenstoff C, Wasserstoff H, Sauerstoff O
BodenVerhältnis von Steinen, Sand, Schluff, Ton bestimmt die Bodenart mit seiner typischen Bodeneigenschaft
BodenlebenTiere und Mikroorganismen (Pilze, Algen, Bakterien, Viren).
Das Bodenleben wandelt die organischen Nährstoffe (z.B. Humus) in pflanzenverfügbare, mineralische Nährstoffe um.

Von entscheidender Bedeutung zur erfolgreichen Führung des Pferdegrünlandes ist die Berücksichtigung der beiden klassischen Wachstumsgesetze

Gesetz vom Minimum
(Justus von Liebig, 1855)
Derjenige Wachstumsfaktor, der im Verhältnis zum Bedarf in geringster Menge pflanzenverfügbar vorhanden ist, entscheidet über die Höhe und Qualität des Ertrages.
Gesetz vom abnehmenden Ertragszuwachs
Mitscherlich, 1909
Bei stetig gleich steigendem Aufwand (z.B. Dünger) steigt der Ertrag und die Qualität nicht gleichartig linear, sondern der Zuwachs je Aufwandseinheit wird immer kleiner, bis der Aufwand größer als der Ertrag , also unwirtschaftlich wird. Im Extremfall kann der Ertrags- und Qualitätszuwachs negativ werden, obwohl der Aufwand steigt.
Das Gesetz vom Minimum hat Liebig mit der berühmten Minimumstonne veranschaulicht. Jede Daube (Brett) des Holzfasses entspricht einem Wachstumsfaktor. Die kürzeste Daube, derjenige Wachstumsfaktor, der im Verhältnis zu seinem Bedarf am geringsten vorhanden ist, bestimmt den Ertrag/ die Qualität.

Welche Bedeutung hat beispielsweise die Kenntnis des „alten“ Gesetzes vom Minimum beim Verstehen des Klimawandels? Klimawandelzweifler begründen ihre Kritik an der Wissenschaft, indem sie darauf hinweisen, dass die Umwelt von den hohen, menschengemachten Kohlenstoffdioxid- Emissionen profitiert, denn schließlich benötigen Pflanzen CO2 zum Energieaufbau. Global Greening nennen sie diesen Effekt, der die weltweit zunehmenden CO2-Produktion eher als erfolgreich für die Umwelt darstellt und erklären, dass die Wüsten derzeit deshalb immer grüner werden. Aber es gibt ja noch das Gesetz vom Minimum: Von einem Vorteil für die Pflanze ist die Erhöhung der CO2– Zufuhr nicht, weil derzeit weltweit die Wachstumsfaktoren Niederschläge und Bodenwasser im Verhältnis zum Bedarf am geringsten vorhanden sind. Die erhöhte Zufuhr des Wachstumsfaktors CO2 ist deshalb wirkungslos und deshalb nicht zielführend. Fazit: Das Argument Global Greening ist wissenschaftlich nicht nachvollziehbar und nur geeignet, die weltweit vereinbarten Ziele zum Klimaschutz zu torpedieren: Das Argument Global Greening gegen die Bemühungen zum Klimaschutz ist unseriös.

Basics: Nutzbare Feldkapazität (nFK)

Boden kann Wasser speichern. Er ist in der Lage einen Teil des Niederschlagswassers entgegen der Schwerkraft zu halten. Der Rest sickert in tiefere Zonen, letztlich bis in das Grundwasser (Gravitationswasser). Verantwortlich für die Wasserspeicherung des Bodens sind seine Festhaltekräfte (Adsorptions- und Kapillarkräfte).

Aber nicht das gesamte Bodenwasser kann durch die Pflanzen genutzt werden, da die Festhaltekräfte teilweise höher sind, als die Saugkraft der Pflanzenwurzel. Deshalb ist es möglich, dass auf einem noch feuchten Boden eine Pflanze kein Wasser mehr aufnehmen kann, also der sog. Permanente Welkepunkt erreicht ist. Die Pflanzen in gemäßigten Zonen sind in der Lage, maximal 1,5 MPa Saugspannung aufzubauen. Ist die Wasseraufnahme der Pflanze mit dieser Maximalsaugspannung erschöpft, ist der Permanente Welkepunkt mit dem Zelltod der Pflanze erreicht. Das restliche Haftwasser ist nicht mehr pflanzenverfügbar und verbleibt im Boden. Diese Situation ist vergleichbar mit einem noch feuchten Schwamm, der aber durch Auspressen kein Wasser mehr abgibt.

Generell gilt: Je kleiner die Bodenteilchen, desto höher ist die Festhaltekraft des Bodenwassers, dafür aber umso geringer ist die Wasserabgabe an die Pflanzenwurzel.

Sand (S)
2 – 0,063 mm
Schluff (U)
0,063 – 0,002 mm
Ton (T)
< 0,002 mm
Durchlässigkeit für Wasser ++
Wasserspeicherung+/-++
Wasserabgabe an die Pflanze++-/+
Bodenbearbeitung++-/+
Also: Der grobe Sand kann nur wenig Wasser speichern, gibt dieses aber sehr gut an die Pflanze ab. Umgekehrt der feine Ton, er kann sehr gut Wasser speichern, gibt aber nur wenig an die Pflanze ab.

Das für die Pflanze nutzbare Wasser kann mit einem Tensiometer gemessen und damit die Nutzbare Feldkapazität (nFK) des Bodens bestimmt werden.

Das pflanzenverfügbare Wasser kann ganz einfach mit einem Tensiometer (ca. 50€) gemessen werden. Die Tonkerze des Tensiometers hat die selben physikalische Eigenschaften einer Pflanzenwurzel (Foto: Fa. Stelzner)

Folgende Werte können als Anhaltspunkte bei der Nutzbaren Feldkapazität genannt werden:

Nutzbare Feldkapazität (nFK)
(pflanzenverfügbares Bodenwasser)
Wirkung auf Pflanzen (der gemäßigten Zonen)
0% permanenter Welkepunkt (Zelltod)
< 30 %Trockenstress
< 50 %beginnender Trockenstress
< 60 %Pflanzen beginnen ihren Wasserverbrauch zu reduzieren
60% – 80%ausreichende Wasserversorgung
80% – 100%optimale Wasserversorgung
100% – 120%einsetzender Sauerstoffmangel, Bodenporen beginnen mit Wasser geflutet zu werden
> 120%Überversorgung, Sauerstoffmangel wegen kompletter Wasserfüllung der Bodenporen

Über den Wassergehalt des Bodens kann sich jeder Nutzer tagesaktuell informieren: Dürremonitor des Helmholtzzentrum für Umweltforschung

Basics: Klimazonen

Arides Klima in der mongolischen Steppe am Rande der Wüste Gobi

Das Klima bestimmt zu großen Teilen die Vegetation. Meteorologen haben das Klima in humid und arid eingeteilt:

KlimaEigenschaftBeispiel- Landschaft
humid10 – 12 Monate positive Wasserbilanz***Nord-West – Deutschland
semi**-humid6 – 9 Monate positive WasserbilanzSüd-Ost – Deutschland
semi-arid9 – 7 Monate negative WasserbilanzSpanien, eurasische Steppe
arid*12 – 10 Monate negative WasserbilanzWüste
** semi bedeutet halb
* wird auch kontinentales Klima genannt
*** positive Wasserbilanz bedeutet, die Niederschläge sind höher als die Verdunstung, negative Wasserbilanz bedeutet, die Verdunstung ist höher als die Niederschläge.

Langjährige Messungen ergaben regelmäßig, dass in Deutschland ein humides bis semi-humides Klima vorherrscht und es keine Probleme mit der Wasserversorgung sowohl für Menschen, Tiere und Pflanzen gibt.

Besonders in den letzten Jahren, beginnend ab 2018, sind die Jahres- Niederschläge durchschnittlich in Deutschland um 200 l zurückgegangen. Aus einem traditionell humiden Klima in Deutschland macht der Klimawandel ein semi-humides bis semi-arides Klima. Das hat erhebliche Auswirkungen auf die Wasserversorgung von Menschen, Tieren und Pflanzen: Die Verteilung des Wassers in Deutschland muss mittlerweile geregelt werden.

Basics: Niederschlag

1 Kubikmeter = 1.000 x 1 l Wasser = 1.000 kg netto = 1 t

In Deutschland werden durchschnittlich 800 l Niederschlag (Regen, Tau, Schnee, Hagel) an 150 Tagen in 1 Jahr auf 1 Quadratmeter Fläche registriert. Oder anders ausgedrückt: Nach einem Jahr steht das Wasser in ganz Deutschland genau 80 cm hoch. Natürlich nur theoretisch, denn Wasser versickert in den Boden, verdunstet oder fließt in Flüssen und Kanalsystemen ab. Und obwohl es einen deutschen Durchschnittswert gibt, sind die Jahresniederschläge in Deutschland sehr unterschiedlich, sie variieren von 450 l/m2/a bis 1.200 l/m2/a. Es gibt sehr feuchte und sehr trockene Gebiete.

In den letzten Jahren hat der Klimawandel zu deutlich verminderten Niederschlägen geführt. Die langjährigen durchschnittlichen Jahresniederschläge in höhe von 800 l in Deutschland betragen seit 2018 nur noch im Jahresmittel 590 l in Deutschland.

Merke: 800 l Niederschlag je Quadratmeter = 80 cm Niederschlag = 800 mm Niederschlag Abgekürzt wird der Niederschlag vom Wetterdienst mit l/m2/a bzw. mm/a ( l= Liter, m2 = Quadratmeter = 1 m x 1 m, a = 1 Jahr)

Die Höhe der Jahresniederschläge hat einen großen Einfluss auf die Vegetation. Klimaforscher unterscheiden entsprechend der Niederschlagshöhe folgende Vegetationszonen:

l/m2/a
Wüste0 – 250
Steppe250 – 450
Hartholzwald (Oliven, Korkeichen, usw.)300 – 600
Taiga, Nördlicher Nadelwaldbis 600
Laubwald600 – 800
Regenstaugebiete (Voralpen, westliche Mittelgebirgsseiten, usw.)1.200
Regenwaldab 2.000
Mehr belastbare Infos findet Ihr hier

Der Rückgang der durchschnittlichen Niederschläge in Deutschland von ehemals 800 l auf nur noch 590 l je Quadratmeter hat gravierende Folgen: Laubwald benötigt in jedem Jahr Niederschläge von 600 l bis 800 l je Quadratmeter. Dieser Wasserbedarf wird in vielen Regionen in Deutschland nur noch knapp erreicht oder gar unterschritten. Unser Wald, den wir in Deutschland kennen und für den Deutschland bekannt ist, hat Stress durch akuten Wassermangel. Unser Wald beginnt abzusterben. Der Verlust des wasserspeichernden Waldes führt zu noch höherem Wassermangel. Sicher scheint zu sein, dass Deutschland sich bei zunehmender Klimaerwärmung von einem Waldland zu einem Steppenland entwickeln wird.

Beobachtungen zum Klimawandel: Deutschland- Wetter im August 2020

Ein facettenreicher und extrem warmer Hochsommermonat

Offenbach, 31. August 2020 – Der letzte Sommermonat 2020 war hierzulande an Wettervielfalt kaum zu übertreffen. Zeitweilige Dauerniederschläge mit Hochwasser im Süden, eine ungewöhnlich heiße Witterung im Norden und Starkregengewitter in der Mitte gehörten genauso zu seinem Repertoire, wie regional anhaltende Trockenheit und das Sturmtief „Kirsten“ zum Ende des Monats. In der Bilanz war der August 2020 extrem warm sowie leicht zu nass und sonnig. Das meldet der Deutsche Wetterdienst (DWD) nach ersten Auswertungen der Ergebnisse seiner rund 2 000 Messstationen.

Lange Hitzewelle Mitte des Monats sorgte für einen extrem warmen August
Mit 19,9 Grad Celsius (°C) lag der Temperaturdurchschnitt im letzten klimatologischen Sommermonat um 3,4 Grad über dem Mittel der international gültigen Referenzperiode 1961 bis 1990. Im Vergleich zur wärmeren Periode 1981 bis 2010 betrug die positive Abweichung 2,4 Grad. Der August 2020 war damit nach dem August 2003 mit 20,6 °C gemeinsam mit 2015 und 2018 der zweitwärmste seit 1881. Dieses große Temperaturplus ist insbesondere auf eine sehr heiße und feuchte Witterung zwischen dem 5. und 22. zurückzuführen. Zeitweise stiegen die Höchstwerte auf über 35 °C. Dabei wurden aus dem Südwesten und Nordosten des Landes an bis zu 15 Tagen Höchstwerte von über 30 °C (Hitzetage) gemeldet. Die höchste Temperatur wurde am 9. mit 38,6 °C in Trier-Petrisberg registriert, nachdem in Deutschneudorf-Brüderwiese am 5. noch frische 3,5 °C gemessen wurden.

Hochwasser im Süden, Überflutungen in der Mitte, gebietsweise sehr trocken
Mit rund 90 Litern pro Quadratmeter (l/m²) erreichte der August 115 Prozent seines Klimawertes von 77 l/m². Dauerregen brachte Anfang des Monats dem Südosten Deutschlands Hochwasser. Innerhalb von 24 Stunden fielen in Oberbayern 100 bis 150 l/m². Aschau-Innerkoy meldete am 3. mit 152,4 l/m² den höchsten Tagesniederschlag. Nach einer kurzen deutschlandweit niederschlagsfreien Phase entluden sich in der zweiten Monatsdekade in zunehmend feuchter Luft besonders über der Mitte des Landes heftige Starkregengewitter. Lokal wurden Stundensummen von über 50 l/m² gemessen. Während es dort zu Überflutungen kam, blieb es wenige Kilometer abseits der Unwetter knochentrocken. Im westlichen Saarland und am Niederrhein fielen im Monat lokal gerade einmal 15 l/m². Im letzten Drittel des August konnten dann auch im zuvor vom Niederschlag ausgesparten Norden und Osten Deutschlands bedeutsame Mengen gemessen werden. Ab 2000 Metern gab es in den Alpen sogar Schnee.

Leicht positive Sonnenscheinbilanz
Der Sonnenschein lag im letzten Sommermonat mit rund 220 Stunden etwa zehn Prozent über dem Soll von 200 Stunden. Am häufigsten zeigte sich die Sonne an den Küsten. Hier wurden teilweise über 290 Stunden erfasst. Etwa 100 Stunden weniger zeigte sie sich im Sauerland.

Das Wetter in den Bundesländern im August 2020
(In Klammern stehen jeweils die vieljährigen Mittelwerte der intern. Referenzperiode) 

Schleswig-Holstein und Hamburg: Der August 2020 war in Schleswig-Holstein mit 19,5 °C (16,2 °C) und in Hamburg mit 20,6 °C (16,8 °C) deutlich zu warm. An der Station Hamburg-Neuwiedenthal gab es an 11 Tagen Höchsttemperaturen von über 30 °C. Für die Hansestadt ein neuer Augustrekord. Rund 70 l/m² (73 l/m²) Niederschlag fielen dabei im nördlichsten Bundesland, während die Hansestadt nur etwa 40 l/m² (71 l/m²) erreichte. Die Sonne schien in Schleswig-Holstein rund 265 Stunden (210 Stunden) und in Hamburg gut 250 Stunden (201 Stunden). Damit waren sie die sonnenscheinreichsten Regionen Deutschlands.

Niedersachsen und Bremen: Niedersachsen verzeichnete im August 2020 bei 220 Sonnenstunden (192 Stunden) und annähernd 65 l/m² (70 l/m²) zu warme 20,1 °C(16,5 °C), Bremen sogar 20,6 °C (16,7 °C). Dazu meldete die Hansestadt noch 75 l/m² (71 l/m²) Niederschlag und 235 Stunden (193 Stunden) Sonnenschein. In Bremerhaven gab erstmals in einem August acht Tage mit Höchstwerten von über 30 °C. 

Mecklenburg-Vorpommern: Der August 2020 brachte dem nordöstlichsten Bundesland eine ungewöhnlich lange und heiße Witterung. Abseits der Küsten wurden an bis zu 13 Tagen, wie in Boizenburg, Höchstwerte von über 30 °Cgemeldet. Augustrekord! In der Bilanz war der August 2020 mit 19,8 °C (16,6 °C) deutlich zu warm. Bei nassen 70 l/m² (59 l/m²) Niederschlag und rund 250 Sonnenstunden (270 Stunden) war das nordöstlichste Bundesland eine der sonnigsten Regionen deutschlandweit.

Brandenburg und Berlin: Im August 2020 waren Berlin und Brandenburg die wärmsten Regionen. Rekordverdächtige 21,8 °C (17,8 °C) wurden in der Hauptstadt und 21,1 °C (17,4 °C) in Brandenburg im Mittel registriert. Verbreitet gab es 10 bis 14 heiße Tage. Potsdam meldete sogar erstmals in einem August 15 Tage mit Höchsttemperaturen von über 30 °C. Hinsichtlich der Niederschlagsbilanz zählten Brandenburg mit 55 l/m² (59 l/m²) und die Hauptstadt mit 45 l/m² (59 l/m²) zu den trockeneren Gebieten. Überdurchschnittlich lang schien die Sonne. Berlin kam auf rund 240 (214 Stunden) und Brandenburg auf gut 235 Sonnenstunden (213 Stunden). 

Sachsen-Anhalt: Das Bundesland erlebte mit einer Mitteltemperatur von 21,0 °C(17,2 °C) seinen wärmsten August seit Messbeginn. In der Altmark, wie in Seehausen, wurden zum Teil 15 Hitzetage erfasst. Bei 225 Sonnenstunden (198 Stunden) und 55 l/m² (59 l/m²) Flächenniederschlag war es recht sonnig und leicht zu trocken.

Sachsen: Der Freistaat erlebte mit 20,4 °C (16,8 °C) den drittwärmsten August. Dabei war es bei rund 100 l/m² (77 l/m²) recht nass und mit 220 Sonnenstunden (199 Stunden) dennoch sonnig. Deutschneudorf-Brüderwiese meldete am Morgen des 5. mit frischen 3,5 °C die tiefste Monatstemperatur. 

Thüringen: Thüringen erlebte mit einer Temperatur von 19,8 °C (16,0 °C) einen der wärmsten Augustmonate. Im Schnitt fielen 90 l/m² (69 l/m²) Niederschlag. Die Sonne zeigte sich 190 Stunden (192 Stunden) – der niedrigste Wert in Deutschland.

Nordrhein-Westfalen: NRW verbuchte im August 20,3 °C (16,6 °C). Am Niederrhein, wie in Tönisvorst, gab es mit 14 Hitzetagen einen neuen Augustrekord. Zahlreiche Schauer und Gewitter brachten in der zweiten Monatsdekade zwar Starkregen, dennoch blieb es im Flächenmittel mit 60 l/m² (73 l/m²) zu trocken. Insbesondere am Niederrhein fielen örtlich keine 20 l/m². Die Sonne zeigte sich mit rund 195 Stunden (183 Stunden) weniger als in vielen anderen Regionen Deutschlands. 

Hessen: Hessen meldete gut 20,0 °C (16,4 °C) und damit seinen zweitwärmsten August. Mit 65 l/m² (70 l/m²) blieb es weiterhin zu trocken. In der vergleichsweise sonnenscheinarmen Region wurden gut 195 Sonnenstunden (190 Stunden) gemessen.

Rheinland-Pfalz: Hier betrug die August-Temperatur im Mittel 20,5 °C (16,6 °C). Es ist nach 2003 der zweitwärmste Wert seit Aufzeichnungsbeginn in Rheinland-Pfalz. Das höchste Tagesmaximum wurde am 9. mit 38,6 °C in Trier-Petrisberg registriert. Bei trockenen 60 l/m² (70 l/m²) schien die Sonne rund 200 Stunden (193 Stunden).

Saarland: Der August war im Saarland mit 20,7 °C (16,9 °C) der zweitwärmste seit Messbeginn. Als trockenste Region erfasste das kleinste Flächenland mit einer Niederschlagsmenge von abgerundet 40 l/m² (73 l/m²) gerade einmal etwas mehr als die Hälfte des Mittelwertes. Insgesamt wurden 210 Sonnenstunden (202 Stunden) registriert. 

Baden-Württemberg: Baden-Württemberg war im August mit 19,5 °C (16,4 °C) zwar sehr warm, im Vergleich aber dennoch eine kühle und mit knapp 115 l/m² (94 l/m²) die zweitnasseste Region, wenngleich in der oberrheinischen Tiefebene das Niederschlagsdefizit fortbesteht. Die Sonne schien 220 Stunden (206 Stunden). 

Bayern: Im August 2020 war der Freistaat mit 18,8 °C (16,0 °C) die kühlste Region Deutschlands. Zu Beginn und am Ende des Monats verursachten im Süden des Landes Dauerniederschläge Überflutungen und Hochwasser. Oberhalb von 2000 Meter fiel sogar Schnee. Am 4. meldete Aschau-Innerkoy mit 152,4 l/m² den höchsten Tagesniederschlag. In der Summe erfassten die bayerischen Niederschlagsmesser des DWD ein Monatsflächenmittel von 135 l/m² (101 l/m²) und somit deutlich mehr, als in allen anderen Bundesländern. Die höchsten Summen wurden mit über 250 l/m² an den Alpen gemessen. Die Sonne zeigte sich 225 Stunden (202 Stunden). 

Alle in dieser Pressemitteilung genannten Monatswerte sind vorläufige Werte. Die für den letzten Tag des Monats verwendeten Daten basieren auf Prognosen. Bis Redaktionsschluss standen nicht alle Messungen des Stationsnetzes des DWD zur Verfügung.
Hinweis: Die bundesweiten Spitzenreiter bei Temperatur, Niederschlag und Sonnenscheindauer finden Sie jeweils am zweiten Tag des Folgemonats als „Thema des Tages“ unter www.dwd.de. Einen umfassenden klimatologischen Rückblick und eine Vorschau finden Sie ab dem 10. des Folgemonats unter www.dwd.de/klimastatus.
Quelle: DWD

Beobachtungen zum Klimawandel: Aus extrem wurde normal: Sommer in Deutschland, der Schweiz und Österreich immer heißer

Pressemitteilung des Deutschen Wetterdienstes, 02.07.2020

Eine der deutlichsten Auswirkungen des Klimawandels ist die stetige Erwärmung. In den Sommern führt das zu einer deutlichen Zunahme von Hitzewellen.

Auswertungen des Deutschen Wetterdienstes (DWD), des Bundesamts für Meteorologie und Klimatologie MeteoSchweiz und der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) zeigen, dass die Sommer in allen Regionen und in allen Höhenlagen deutlich heißer geworden sind. Was früher ein extrem heißer Sommer war, ist heute ein durchschnittlicher Sommer. Selbst die kühlsten Sommer der letzten 25 Jahre blieben meist deutlich über dem langjährigen Durchschnitt vor 1990.

„Deutschland, die Schweiz und Österreich stehen im Bereich Klimawandel vor ähnlichen Herausforderungen, daher arbeiten MeteoSchweiz, die Zentralanstalt für Meteorologie und der Deutsche Wetterdienst in vielen Bereichen eng zusammen“, sagt Prof. Dr. Gerhard Adrian, Präsident des DWD. „In den Sommern sind vor allem die zunehmende Hitzebelastung, Dürre, Starkregen und Waldbrandgefahr ein Thema sowie die Gletscherschmelze und das Tauen des Permafrosts in den Alpen. Die Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels können wir nur effektiv bekämpfen, wenn wir über die Grenzen von Staaten und Fachgebieten hinweg zusammenarbeiten.“

In den letzten Jahren zahlreiche Rekordsommer
In den letzten 40 Jahren zeichnet sich ein Trend zunehmender Hitze-Extrema ab. Die jüngste Vergangenheit brachte in Deutschland, der Schweiz und Österreich fast durchwegs Sommer im Rekordbereich. Die drei heißesten Sommer der Messgeschichte waren alle in den 2000er-Jahren: In der Schweiz und in Österreich sind das die Sommer 2003, 2015, 2019, in Deutschland die Sommer 2003, 2018 und 2019. Für die Gesundheit besonders relevant sind die immer häufigeren und längeren Hitzewellen sowie die immer geringere Abkühlung in den Nächten.

Die wärmsten Sommer der Messgeschichte
PlatzierungDeutschland
(Messreihe seit 1881)
Schweiz
(Messreihe seit 1864)
Österreich
(Messreihe seit 1767)
1.200320032003
2.201820152019
3.201920192015
4.194720182017
5.199420172018
6.201519941992
7.198319471811
8.199220122012
9.200619831994
10.200219502013

Neues Sommerklima: aus extrem wird normal
Der Sommer ist in der Schweiz, in Deutschland und Österreich ab den 1990er-Jahren massiv wärmer geworden. Dabei fällt ein drastisches Phänomen auf: Die Temperatur der extremsten Sommer vor dem Jahr 1990 ist in den letzten 30 Jahren zum Durchschnitt eines Sommers geworden. Was früher ein extrem heisser Sommer war, ist heute ein normaler (durchschnittlicher) Sommer. Selbst die kühlsten Sommer der letzten 25 Jahre blieben meist deutlich über dem langjährigen Durchschnitt vor 1990.

In Österreich war beispielsweise der Sommer 2014 ein für das aktuelle Klima durchschnittlicher Sommer. Vor 1990 wäre er einer der 15 wärmsten Sommer der Messgeschichte gewesen.

Diese Entwicklung setzt sich mit sehr großer Wahrscheinlichkeit in den nächsten Jahrzehnten fort. Bei weltweit unverändertem Ausstoß von Treibhausgasen werden Sommer, die heute für uns extrem heiß sind, Ende des Jahrhunderts der Normalfall sein. Die „Ausreißer“ einzelner Hitzesommer werden dann noch extremer sein als heute. 

Heiße Tage immer häufiger, auch in höheren Lagen
Ein Indikator für die Zunahme von Hitze ist die Zahl der Tage mit mindestens 30 °C („Heiße Tage“ oder „Hitzetage“). Die Zahl der Hitzetage ist in Deutschland, Österreich und der Schweiz in den letzten Jahrzehnten deutlich gestiegen, und hat sich zum Beispiel in Berlin und Wien in etwa verdoppelt. Selbst in Lagen oberhalb von 1000 Meter Seehöhe wurden Temperaturen über 30 °C immer häufiger.

Beispiele für die Zunahme der Tage mit mindestens 30 °C
Im Schweizer Mittelland waren Hitzetage in der Referenzperiode 1961-1990 noch eine seltene Erscheinung. Am Messstandort Bern-Zollikofen wurden im Mittel 3 Hitzetage pro Jahr registriert, im Zeitraum 1990-2019 lag der Durchschnitt bei 9 Tagen pro Jahr. Das Maximum mit 29 Hitzetagen wurde in Bern im Jahr 2003 erreicht.

Auf einer Höhe von rund 1000 Meter Seehöhe gab es in der Schweiz früher nur vereinzelt Hitzetage. Zum Beispiel gab es im Zeitraum der 30 Jahre der Klimareferenzperiode 1961 bis 1990 in Chateau d‘Oex (1028 m Seehöhe) nur zwei Jahre mit Temperaturen über 30 °C: 1983 (6 Hitzetage) und 1984 (1 Hitzetag). Der Zeitraum von 1990 bis 2019 brachte hingegen 19 Jahre mit Temperaturen über 30 °C, die meisten 2003 (11 Hitzetage) und 2015 (8 Hitzetage).

Ähnliches gilt für Deutschland und Österreich:
In Berlin/Brandenburg hat die Zahl der Hitzetage von früher durchschnittlich 6,5 pro Jahr (Klimaperiode 1961-1990) auf mittlerweile 11,5 Tage zugenommen (1990-2019).

In Österreich registrierte die ZAMG in Seefeld auf rund 1200 Meter Seehöhe im Zeitraum 1961 bis 1990 nur in fünf Jahren Höchsttemperaturen mit mindestens 30 °C (durchschnittlich 0,3 Hitzetage pro Jahr). Im Zeitraum 1990 bis 2019 gab es in Seefeld in 13 Jahren zumindest einen Hitzetag (durchschnittlich 0,6 pro Jahr).

Entwicklung der heißen Tage in der Vergangenheit(durchschnittliche Zahl der Tage mit mindestens 30 °C pro Jahr)
 Zeitraum 1961-1990Zeitraum 1990-2019Rekord
Berlin/Brandenburg (D) 6,5 Hitzetage pro Jahr11,5 Hitzetage pro Jahr28 Hitzetage (2018)
Frankfurt am Main(D, 112 m)8,7 Hitzetage pro Jahr16,3 Hitzetage pro Jahr43 Tage (2018)
Wien Hohe Warte (A)10 Hitzetage pro Jahr21 Hitzetage pro Jahr42 Hitzetage im Jahr 2015
Seefeld
(A,  1198 m)
0,3 Hitzetage pro Jahr1 Hitzetag pro Jahr8 Hitzetage im Jahr 2013
Bern-Zollikofen (CH)3 Hitzetage pro Jahr9 Hitzetage pro Jahr29 Hitzetage im Jahr 2003
Chateau d‘Oex (CH, 1028 m)0,2 Hitzetage pro Jahr2 Hitzetage pro Jahr11 Hitzetage im Jahr 2003

Konsequenter Klimaschutz wirkt deutlich
In den nächsten Jahrzehnten ist bei einem weltweit unveränderten Ausstoß von Treibhausgasen („ungünstigstes“ oder „worst-case-“ Szenario, RCP 8.5) eine weitere deutliche Zunahme der Hitzetage in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu erwarten. Bei Einhaltung der Pariser Klimaziele (RCP 2.6) könnte sich die Entwicklung der Hitzetage in den nächsten Jahrzehnten auf dem aktuell hohen Niveau stabilisieren. Die Bandbreite der Klimamodelle (von-bis) ist dabei ein Hinweis auf die Unsicherheit der Berechnungen.

An der Messstation Bern-Zollikofen sind im worst-case-Szenario gegen Ende des Jahrhunderts ca. 30 bis 60 Hitzetage pro Jahr zu erwarten. Konsequenter globaler Klimaschutz (Einhaltung der Pariser Klimaziele, RCP 2.6) würde die Zunahme auf etwa 10 bis 20 Hitzetage pro Jahr eingrenzen.

Im Gebiet von Berlin und Brandenburg sind beim Klimaschutz-Szenario (RCP 2.6) Ende des Jahrhunderts 10 bis 16 Heiße Tage pro Jahr zu erwarten, im worst-case Szenario dagegen muss man mit 21 bis 35 Hitzetagen im Jahr rechnen.

Mögliche Entwicklung der Hitzetage bis Ende des Jahrhunderts
(durchschnittliche Zahl der Tage mit mindestens 30 °C pro Jahr)
 Unveränderter Ausstoß von Treibhausgasen
(worst-case- Szenario, RCP 8.5)
Konsequenter Klimaschutz
(Einhaltung der Pariser Klimaziele, RCP 2.6)
(Berlin, D)ca. 20-35 Hitzetage pro Jahr
(Klimaperiode 2071-2100)
ca. 10-16 Hitzetage pro Jahr
(Klimaperiode 2071-2100)
(Wien Hohe Warte, A)ca.  30-73 Hitzetage pro Jahr
(Klimaperiode 2071-2100)
ca. 12-25 Hitzetage pro Jahr
(Klimaperiode 2071-2100)
Bern-Zollikofen (CH)ca. 30-60 Hitzetage pro Jahr
(um das Jahr 2085)
ca. 10-20 Hitzetage pro Jahr
(um das Jahr 2085)

Hitzewellen werden häufiger
Hitzewellen sind in Deutschland, Österreich und der Schweiz in den letzten Jahrzehnten häufiger und länger geworden.

Hitzewellen lassen sich unterschiedlich definieren. Eine Möglichkeit, um sehr extreme und lange Hitzewellen zu analysieren, ist folgende Definition: Eine Serie von mindestens 14 Tagen, an denen der Durchschnitt der täglichen Höchsttemperatur mindestens 30 °C beträgt.

Nach dieser Definition waren markante lange Hitzewellen in Deutschland, der Schweiz und Österreich vor dem Jahr 1990 relativ selten (siehe Grafik unten). In den letzten Jahren wurden sie immer häufiger und kommen in vielen großen Städten mittlerweile ungefähr alle zwei bis vier Jahre vor, zum Beispiel in Wien, Klagenfurt, Innsbruck, Genf, Lugano, Basel, München und Frankfurt/Main. Selbst das relativ weit im Norden liegende Berlin erlebte seit der Jahrtausendwende bereits die vierte dieser markanten Hitzewellen.

Belastung durch sehr warme Nächte
Hitzewellen haben besonders in Städten eine große Auswirkung auf die Gesundheit der Bevölkerung. Eine Ursache dafür ist auch, dass es in den Nächten weniger abkühlt als auf dem Land und daher zum Beispiel die Belastung für das Herz-Kreislaufsystem sehr hoch ist.

Die Zahl der Tropennächte (Tiefstwert nicht unter 20 °C) hat in den letzten Jahrzehnten in Deutschland, der Schweiz und Österreich deutlich zugenommen. Dieser Trend dürfte sich in den nächsten Jahren fortsetzen.

Tropennächte: Beispiel Schweiz
Tropennächte wurden vor allem im Süden der Schweiz deutlich häufiger. Vor dem Jahr 2000 bewegte sich die maximale Zahl der Tropennächte meist bei 5 und nur selten bei 10 oder mehr. Seither liegt die Zahl meist zwischen 10 und 20. Die Tendenz ist in den letzten Jahren eindeutig steigend. 

Nördlich der Alpen traten in der Schweiz Tropennächte vor dem Jahr 2000 an den klassischen Messstandorten außerhalb der Stadtzentren nur vereinzelt auf. Seither gab es mehrere Sommer mit über 3 Tropennächten. In den Extremsommern 2003 und 2015 lagen die Werte lokal auch zwischen 6 und 15. 

Messungen im Stadtzentrum von Zürich lieferten für die Extremsommer 2003 und 2015 20 bis 30 Tropennächte.

Tropennächte: Beispiel Wien
In Wien gab es im Zeitraum 1971-2000 durchschnittlich ein bis zwei Tropennächte pro Jahr, im Zeitraum 1981-2019 waren es durchschnittlich vier Tropennächte pro Jahr. Der Rekord an der Wetterstation Wien Hohe Warte liegt bei 23 Tropennächten im Jahr 2015, an der Wetterstation Wien Innere Stadt bei 41 Tropennächte in den Jahren 2018 und 2019.

Tropennächte: Beispiel Frankfurt
In Deutschland waren Tropennächte bis in die 1990er Jahre ausgesprochen seltene Ereignisse. Zum Beispiel wurde im Bundesland Hessen im Zeitraum 1961-1990 ca. alle fünf Jahre eine Tropennacht registriert. Seit Beginn des 21. Jahrhunderts werden immer häufiger Tiefsttemperaturen nicht unter 20 °C gemessen. In Frankfurt am Main etwa, wo durch die dichte städtische Bebauung eine Abkühlung in der Nacht zusätzliche gestört wird, wurden im Jahr 2015 acht, im Jahr 2018 sechs und im Jahr 2019 vier Tropennächte gezählt.

Erwärmung verstärkt Dürreperioden
Bei der Entstehung von Dürreperioden spielt neben dem Niederschlag auch die Temperatur eine große Rolle. Je wärmer es ist, desto mehr Feuchtigkeit verdunstet aus dem Boden. Außerdem verlängern höhere Temperaturen die Vegetationszeit und somit die Zeit, in der Pflanzen dem Boden Wasser entnehmen.

Untersuchungen für Deutschland zeigen eine Abnahme der Bodenfeuchte im Frühling und im Sommer. In Österreich hat sich die klimatische Wasserbilanz im Sommerhalbjahr besonders im Osten und Norden des Landes zu trockeneren Verhältnissen verschoben.

In der Schweiz zeigen Messungen in Bern, dass die letzten 12 Jahre während der Vegetationsperiode allesamt trockener waren als im langjährigen Durchschnitt. Das ist einzigartig in dieser Messreihe seit 1864. Die anhaltende und oft ausgeprägte Sommertrockenheit der letzten Jahre ist offenbar eine typische Folge der zunehmend heißeren und verdunstungsintensiveren Sommer in der Schweiz.

Gletscher schmelzen, Nullgradgrenze steigt
Die stetige Erwärmung wirkt sich auch deutlich im Gebirge aus. Zwei Beispiele:
Österreichs Gletscher haben seit dem letzten Maximalstand der Alpengletscher im Jahr 1850 (letzter Höhepunkt der sogenannten „kleinen Eiszeit“) knapp 60 Prozent an Fläche verloren.

In der Schweiz betrug die mittlere Höhe der Nullgradgrenze im Sommer (JJA) in der Referenzperiode 1961-1990 noch knapp 3350 Meter. Im Zeitraum 1959-2019 stieg sie um durchschnittlich 93 Meter pro 10 Jahre und erreicht heute regelmäßig Werte um 3800 Meter Seehöhe.

Waldbrandgefahr steigt
Durch die Klimaerwärmung steigt die Gefahr von Wald- und Flurbränden. In Deutschland hat die von Waldbrand betroffene Fläche im Zeitraum 1991 bis 2017 signifikant zugenommen (DAS Monitoringbericht, 2019). Bei einem weiter fortschreitenden Klimawandel ist zu erwarten, dass sich die Zahl der Tage mit hoher bis sehr hoher Waldbrandgefahr weiter erhöhen wird.

Seen und Flüsse werden wärmer
Auch die Seen und Flüsse werden immer wärmer und die Zusammensetzung der darin lebenden Tiere und Pflanzen ändert sich. Eine Studie der ZAMG für zwölf Seen in Österreich zeigt, dass die Wassertemperaturen seit 1880 gestiegen sind, am stärksten seit den 1980er-Jahren im Frühling und im Sommer (bis zu 2 Grad Erwärmung).

Nach einer Studie aus Deutschland (KLIWAS, 2015), an der der DWD beteiligt war, ist es wahrscheinlich, dass bis zum Ende des 21. Jahrhunderts die Flusswassertemperaturen um 1 bis 2 °C steigen werden. In Kombination mit häufigeren Niedrigwasserständen in den Sommermonaten hat dies vielfache Auswirkungen auf die Flussökologie, Binnenschifffahrt und Energiewirtschaft.

Abbildung: Markante Hitzewellen, mit einer Serie von mindestens 14 Tagen, an denen der Durchschnitt der täglichen Höchsttemperatur mindestens 30 °C beträgt, wurden in Deutschland, der Schweiz und Österreich seit den 1990er-Jahren deutlich häufiger. Quelle: DWD

Abbildung: Markante Hitzewellen, mit einer Serie von mindestens 14 Tagen, an denen der Durchschnitt der täglichen Höchsttemperatur mindestens 30 °C beträgt, wurden in Deutschland, der Schweiz und Österreich seit den 1990er-Jahren deutlich häufiger. Quelle: DWD

Beobachtungen zum Klimawandel: Deutschland- Wetter im Juli 2020

Im Rahmen der Beobachtungen zum Klimawandel in Deutschland berichtet der Deutsche Wetterdienst über den Juli 2020:

Der Juli 2020 war im Mittel etwas zu warm (im Vergleich zur internationalen Referenzperiode 1961-1990) und sehr trocken mit einer leicht überdurchschnittlichen Anzahl von Sonnenscheinstunden. Allerdings gab es einen deutlichen Nord-Süd-Gradient. Während die Temperaturen im Norden etwas unter den vieljährigen Mittelwerten lagen, war es im Süden etwa 1 – 2 K wärmer als normal. Der Juli begann etwas wärmer, doch schon nach dem ersten Juliwochenende sanken die Temperaturen im Norden unter die vieljährigen Mittelwerte und schwankten im weiteren Monatsverlauf um diese. Im Süden war der Beginn der zweiten Monatsdekade sehr kühl, aber in der dritten Monatsdekade meist sommerlich warm. Nur ganz im Norden und im Südwesten wurde das Niederschlagssoll erreicht oder übertroffen. Im Südwesten wurden weniger als 30 % des Niederschlags registriert. Besonders trocken war es in Rheinland-Pfalz und im Saarland, sowie im südlichen Baden-Württemberg. Auch in Teilen Thüringens und Sachsens sind weniger als 25 mm Niederschlag beobachtet worden. Die Anomalie der Sonnenscheindauer ähnelt der der Temperaturverteilung. Im Norden wurde im Vergleich zu den vieljährigen Mittelwerten etwas weniger Sonnenschein beobachtet und im Süden etwas mehr. Im Süden wurden über 300 Stunden registriert.

Das Gebietsmittel der Temperatur für Deutschland betrug 17,7 °C. Gegenüber dem vieljährigen Mittelwert des neuen Vergleichszeitraums 1981-2010 war der Juli 2020 somit 0,3 K zu kalt und im Vergleich zur internationalen klimatologischen Referenzperiode 1961-1990 0,8 K zu warm. Damit ordnet sich der Juli 2020 als 48.-wärmster seit 1901 und als 53.-wärmster seit 1881 (ebenso wie die Jahre 2002, 1989, 1972, 1963, 1957, 1943) unter die etwas wärmeren Julimonate ein.

Im Gebietsmittel von Deutschland wurde eine monatliche Niederschlagshöhe von 51,8 mm gemessen. Das sind 32,6 mm oder 38,6 % weniger als im Mittel des Zeitraums 1981-2010 und 25,7 mm oder 33,2 % weniger als in der Referenzperiode 1961-1990. Der Juli 2020 war damit der 16.-trockenste Juli in Deutschland seit 1901 und seit 1881 und zählt damit beim Niederschlag zu den sehr trockenen Julimonaten.

Das Gebietsmittel der Sonnenscheindauer lag bei 232,9 Stunden. Das sind 11,4 Std. oder 5,1 % mehr als im Vergleichszeitraum 1981-2010 und 22,2 Std. oder 10,5 % mehr als im Mittel der Jahre 1961-1990. Damit ordnet sich der Monat als 26.-sonnenscheinreichster Monat seit 1951 zu den etwas freundlicheren Julimonaten ein.

Folgen des Klimawandels

Diese Grafik des Umweltbundministeriums und des Umweltbundesamtes erschien am 26.11.2019 anläßlich des Zweiten Monitoringberichtes der Bundesregierung. Die Situation 2020 ist hier noch nicht eingearbeitet.

Die Folgen der globalen Erderwärmung werden in Deutschland spürbarer und lassen sich immer besser belegen.

Das zeigt der zweite Monitoringbericht der Bundesregierung, der heute vom Bundesumweltministerium (BMU) und dem Umweltbundesamt (UBA) in Berlin vorgelegt wurde. Demnach hat sich die mittlere Lufttemperatur in Deutschland von 1881 bis 2018 um 1,5 Grad erhöht. Allein in den letzten fünf Jahren stieg diese um 0,3 Grad an. Dadurch kommt es unter anderem zu mehr Gesundheitsrisiken durch die Hitzebelastung, einem Anstieg der mittleren Oberflächentemperatur der Nordsee sowie zu stärkeren Ertragsschwankungen in der Landwirtschaft.

„Die Botschaft des Monitoringberichts lautet: Die Zukunft hat uns bereits erreicht. Deutschland steckt mittendrin in der Erderhitzung, mit weitreichenden Folgen für Umwelt, Gesellschaft und Gesundheit. Es muss dringend vorgesorgt werden, um diesen Folgen zu begegnen. Das Monitoring muss weiter verbessert werden und Klimawandelfolgen auf der einen und staatliche Investitionen auf der anderen Seite komplett erfassen. Denkbar ist hier zum Beispiel ein von Bund und Ländern getragenes und finanziertes Sonderprogramm Klimavorsorge“, sagt Umweltbundesamt-Präsidentin Maria Krautzberger.

Die Erhöhung der mittleren Temperatur ist auch mit einer höheren Anzahl „Heißer Tage“ verbunden – dies sind Tage, an denen die Temperaturen über 30°C steigen. Diese ist seit 1951 von etwa drei auf derzeit etwa 20 Tage pro Jahr gestiegen. Das setzt auch den Menschen zu, vor allem in den Städten. Erstmals enthält der Monitoringbericht 2019 bundesweite Aussagen zu hitzebedingten Todesfällen: Demnach sind im Jahr 2003 7.500 Menschen mehr gestorben als ohne Hitzeperiode zu erwarten gewesen wäre. In den Jahren 2006 und 2015 gab es jeweils 6.000 zusätzliche Todesfälle.

Stichwort Wasserverfügbarkeit: In den letzten zehn Jahren gab es immer häufiger niedrige Grundwasserstände, die in einigen Gemeinden bereits zu Problemen mit der Trinkwasserversorgung führten. Zunehmende Trockenheit und häufiger werdende Niedrigwasserstände in Flüssen beeinträchtigen die Ökosysteme, führen zu eingeschränkter Schifffahrt und gefährden die Versorgung von Kraftwerken und Industrie mit Kühlwasser.

Auch Land- und Fortwirtschaft sind betroffen: So hat in den letzten 50 Jahren das verfügbare Wasser in landwirtschaftlich genutzten Böden deutlich abgenommen. Im Jahr 2018 verursachten Hitze und Trockenheit in der Landwirtschaft Schäden in Höhe von 700 Millionen Euro. Jahres- und Vegetationszeiten verschieben sich – so stieg die Dauer der Vegetationsperiode von 222 Tagen (1951-1981) auf 232 Tage (1988-2017). Tier- und Pflanzenarten aus wärmeren Erdregionen breiten sich aus, darunter zum Beispiel die Sardine oder die Sardelle in der Nordsee oder die Asiatische Tigermücke an Land. Diese kann bislang in Deutschland nicht auftretende Krankheiten wie Chikungaya- oder Dengue-Fieber verbreiten.

Die Folgen der Erderwärmung treffen auch die Wirtschaft, denn diese ist abhängig von funktionierenden Straßen, Häfen oder Wasserwegen. Diese Infrastrukturen werden vor allem durch extreme Wetterereignisse wie Stürme und Starkregen geschädigt. Im Jahr 2018 entstanden so zum Beispiel an Häusern, Kraftfahrzeugen, Hausrat, Gewerbe, Industrie und Landwirtschaft Versicherungsschäden in Höhe von etwa 3,1 Milliarden Euro. Laut Versicherungswirtschaft gehörte 2018 zu den vier schwersten Sturmjahren der letzten 20 Jahre.

(Text: Umweltbundesamt zum Zweiten Monitoringbericht November 2019)