Biologische und genetische Vielfalt geht verloren

Pferdebetriebe können helfen, die Biodiversität zu erhalten und gleichzeitig den Klimawandel begrenzen

Seit 1991 sind fast 30 % der Wiesenschmetterlinge verschwunden.

Landnutzungsveränderungen, wie intensive Land- und Waldwirtschaft anstelle naturnaher Wirtschaftweisen, Grünlandumbruch, Straßenbau, Stadtausweitungen, Bodenversiegelungen, Bodenverdichtungen, Umweltverschmutzung, Kanalisierung von Flussläufen, Wassernutzung, Entwässerungen und natürlich auch der Klimawandel sind verantwortlich für ein massives Artensterben von Pflanzen und Tieren. Zu den Pflanzen und Tieren gehören auch viele Nutzpflanzen und -tiere (20% seit 1950). Alleine bei diesen Nutzpflanzen und -tieren verlieren wir Genmaterial, welches eventuell zur Anpassung an den Klimawandel noch dringend benötigt wird. Das Einlagern von Genmaterial ist nicht zielführend, weil in der Einlagerung von Genen bereits ausgestorbener Arten diese sich evolutionär nicht mehr an die wechselnden Umweltbedingungen anpassen können. Die Wahrscheinlichkeit, dass rückgezüchtete Arten nach ihrer Einlagerung noch anpassungsfähig sind, ist sehr hoch.

Die großen Verlierer sind die Insekten

Besonders bedroht sind die Insekten. Noch im Jahr 2019 gingen die Wissenschaftler vom Weltbiodiversitätsrat IPBES noch davon aus, dass rund 10% aller Insektenarten in ihrem Bestand gefährdet sind, aktuelle wird von ca. 24% ausgegangen. Eine rasante Zunahme!

Der Weltbiodiversitätsrat IPBES ermittelt die vom Aussterben bedrohten Tier- und Pflanzenarten und die Weltnaturschutzorganisation IUCN führt die sog. Rote Liste.

Für Westeuropa ermittelte der Weltbiodiversitätsrat1:

1/5 aller Tiere und Pflanzen sind vom Aussterben bedroht (27% der Pflanzen, 18% der Wirbeltiere)

Die detaillierte Aufstellung findet Ihr unten in der Abbildung2:

Die genaue, derzeit aktualisierten Analyse vom Aussterben bedrohter Arten hat der Weltbiodiversitätsrat im November 2023 vorgelegt. Unterschieden wird nach Region, Arten insgesamt und Endemischen Arten (Arten, die lediglich in bestimmten Region vorkommen).

Je genauer sich Wissenschaftler*innen mit der Biodiversität befassen, desto schlimmer bildet sich die Realität ab. Einer dieser Wissenschaftler ist Professor Jan Habel3:

Ziel: „EU-Gesetz zur Wiederherstellung der Natur“

Ganz wichtig ist eine finale Entscheidung zu einem europaweitem Gesetz zur Wiederherstellung der Natur.4 Die Natur ist schliesslich unsere Lebensgrundlage, doch ihr Zustand verschlechtert sich. Die EU und ihre Länder arbeiten an einem Rechtsakt, mit dem erstmals verbindliche Ziele für die Wiederherstellung von Ökosystemen, Lebensräumen und Arten festgelegt werden sollen.

Um Tieren und Pflanzen nicht nur beim Artensterben zuzuschauen, ist vor allem eine neue Agrarpolitik nötig, da sind sich die Experten einig. „Es ist davon auszugehen, dass der starke Rückgang zahlreicher Pflanzenarten auf die Zerstörung von Lebensraum und auf Stickstoffeinträge zurückzuführen ist. Zahlreiche Pflanzen seien auf eine extensive Bewirtschaftung angewiesen. Landwirtschaftliche Intensivierung, aber auch die Nutzungsaufgabe, etwa das Ende der Weidetierhaltung, führen hierbei zum Verschwinden von zahlreichen Arten“.

Moore erhalten

Erstmals wurden auch Moose auf ihre Biodiversität untersucht. In der neuen Untersuchung stellten die Wissenschaftler fest, dass fast 25% aller Moosarten vom Aussterben bedroht sind. „Sie sind als CO2-Speicher extrem wichtig und viel bedeutsamer als Bäume“, sagt der Biodiversitätsexperte Professor Axel Hochkirch5. „Keine Pflanzengruppe kann besser Kohlendioxid speichern als Torfmoose.“

Nachhaltiges Wirtschaften von Pferdebetrieben trägt zum Arterhalt und zum Klimaschutz bei

  • Deutliche Reduzierung der Stckstoffdüngergaben
  • Tierbesatz reduzieren bzw. an Fläche anpassen: Keine Überweidung
  • Bodenschutz
  • Bodenleben fördern
  • Wasser im Boden halten
  • regelmäßige Umweidung
  • Industrieller Pflanzenschutz nur in Notfällen
  • Bodenverdichtungen vermeiden
  • Moore und Wasserläufe erhalten
  • Streuobstwiesen anlegen
  • Hecken/ Knicks pflanzen
  • Ackerrandstreifen anlegen (Futterpflanzen für Bienen und Hummeln)
  • Gewässerschutzstreifen einrichten und pflegen
  • Niederschlagswasser nutzen
  • Atenreiches Grünland
  • Dauergrünland pflegen und erhalten
  1. Weltbiodiversitätsrat. Die Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services (dtsch: Zwischenstaatliche Plattform für Biodiversität und Ökosystem-Dienstleistungen) ist eine UN-Organisation mit Sitz in Bonn. ↩︎
  2. IPBES: Biologische Vielfalt und Ökosystemleistungen in Europa und Zentralasien, S. 22 ↩︎
  3. Univ.-Prof. Dr. Jan Christian Habel, Fachbereichsleiter und Leiter des Fachgebietes Zoologische Evolutionsbiologie ↩︎
  4. Das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur würde die EU-Länder verpflichten, nationale Wiederherstellungspläne zur Renatusierung 20% der Land- und 20% der Meeresgebiete bis 2030 zu entwickeln. In diesen Plänen sollen die Maßnahmen zur Verwirklichung der in der Verordnung vorgesehenen verbindlichen Ziele, die wiederherzustellende Gesamtfläche sowie ein Zeitplan festgelegt werden. Infomaterial ↩︎
  5. Axel Hofkirch, Professor für Biodiversität und Naturschutz. Tätig  als Kurator für Ökologie am Nationalmuseum für Naturgeschichte Luxemburg, früher Uni bTrier. ↩︎

Basics: Niedrige Wasserstände bringen Pferde in Gefahr!

(Nicht nur Pferde, sondern das ganze Ökosystem mit seiner Artenvielfalt, in denen die Pferde leben)

Gräben, Bäche und Flüsse transportieren in Deutschland immer noch erhebliche Schad- und Nährstoffmengen (hauptsächlich Nitrate (N) und Phosphate (P)) in das Meer. Ein großer Teil stammt aus Kläranlagen sowie der intensiv wirtschaften Landwirtschaft mit ihren Düngereinträgen in das Ökosystem. Zusätzlich erwärmen Kraftwerke mit ihrem Kühlwasser die Flüsse.

Führen Gräben, Bäche und Flüsse ausreichend Wasser, ist die Nähr- und Schadstoffbelastung im Tränkwasser daraus für die Pferde meist nicht besorgniserregend.

Sinken allerdings die Wasserstände so dramatisch , wie in diesem Sommer 2022 (die langjährigen, durchschnittlichen Wasserstände müssten in den großen Flüssen im Juli drei mal höher sein) steigt die Nähr- und Schadstoffkonzentration sowie die Temperatur im Wasser deutlich an, weil die Einleitungen der Hauptemittenten ( Klärwerke, Landwirtschaft) gleich bleiben, aber die Wassermenge wegen der Dürre erheblich, um den Faktor 3, geringer wird. Den Effekt kennen wir alle vom Kochen. Wenn Wasser und Salz bei einer Suppe gut abgestimmt sind, ist das Essen schmackhaft. Wird aber weniger Wasser genommen und die Salzmenge bleibt dennoch gleich, dann ist die Suppe versalzen, ungenießbar.

Auch nicht fachgerecht gelagerter Mist trägt zu vermeidbaren Nährstoffeinträgen in Gewässer bei.

Besonders kritisch reagieren Pferde auf den Pflanzennährstoff Nitrat (NO3, Stickstoffverbindung) aus Kläranlagen und der intensiv wirtschaftenden Landwirtschaft mit ihrer stickstofflastigen Düngung (N- Düngung). Steigen durch niedrige Wasserstände die Nährstoff- und Schadstoffkonzentrationen an, wirken sie besonders für Pferde rasch giftig (toxisch).

Bei zunehmender Wärme und mehrheitlich verstrohtem Futter steigt das Vergiftungsrisiko deutlich, weil durstige Pferde in ihrer Not dann doch aus stehenden Wasserlachen bzw. niedrigwasserführenden Bächen und Flüssen saufen werden. Nochmals besonders gefährdet sind rangniedere Tiere, die von ranghöheren Pferden nicht an einwandfreies Wasser gelassen werden.

Nitratvergiftungen führen relativ rasch zu schwerwiegenden Vergiftungen, nicht selten auch mit letalem Ausgang.

Nitratvergiftungen werden meist erst entdeckt, wenn Hilfe zu spät kommt.

Am höchsten ist das Vergiftungsrisiko, wenn Pferde aus stehenden Gewässern (Teiche, Gräben) beziehungsweise sich in Flussläufen bildenden Wasserlachen saufen. In diesem Wasser haben sich oft sehr hohe Schad- und Nährstoffkonzentrationen angereichert, weil die Sommerhitze zu hohen Verdunstungsraten führt und folgedessen die Schad- und Nährstoffkonzentration erheblich ansteigt. Vergiftungssymtome entwickeln sich z.T. schon nach wenigen Minuten. Folgende Symptomen, einzeln oder gemeinsam, werden beobachtet: Schweißausbruch, Ataxie, Koma, Fressstörungen, Krämpfe, erhöhter Speichelfluss, Kolik, Durchfall, Atemnot, erhöhte Herzfrequenz, schwacher Puls, ungewöhnlich hoher Harnabsatz, bläuliche, teils auch braungefärbte Schleimhäute, schokoladenbraunes Blut. Letzteres wird als Leitsymptom benannt.

In Wasserlachen, die nicht mehr fließen, Bidet sich sehr oft eine kritische Schad- und Nährstoffkonzentration durch Verdunstung des Wasser und einhergehender Konzentrationserhöhung. Besonders junge und rangniedere Pferde sind nach Wasseraufnahme aus diesen stehenden Wasserlachen ehemaliger Bäche bzw. Gräben gefährdet.

Die hohen Schad- und Nährstoffkonzentrationen (Stickstoff und Phosphate) bei Niedrigwasser führen, neben der Gefahr für Pferde, natürlich auch zu gravierenden Auswirkungen auf das gesamte Ökosystem: Starkes Algenwachstum, erhebliche Veränderungen des pH- Wertes und des Sauerstoffgehaltes im Wassers. Die Folge: Das Gewässer „kippt“. Das Leben im Wasser ist durch den steigenden Sauerstoffmangel, dem basischer werdenden pH- Wert sowie die steigende Wassertemperatur in existenzieller Gefahr. Letztlich verenden Insektenlarven, Fische, Krebse, Muscheln, usw.. Ein Gewässer ist lebensfeindlich geworden. Tiere die in ihrer Nahrungskette von den abgestorbenen Organismen abhängig waren, sind ebenfalls betroffen. Das „Umkippen“ eines Gewässers ist ein katastrophales, umfassendes ökologisches Problem, das die Artenvielfalt (Artendiversität) negativ beeinflusst.

Niedrigwasser ist also nicht nur ein Problem für Pferde, sondern für das gesamtes Ökosystem.

Die Gefahr für unsere Umwelt und die darin lebenden Pferde kann nur beseitigt werden, wenn das Wasser in der Landschaft bleibt und dadurch der Grundwasserstand ausreichen hoch gehalten werden kann. Nur so, sagen Hydrologen (Wasserwissenschaftler) übereinstimmend, kann kritisches Niedrigwasser in Gräben, Bächen und Flüssen auch in trockenen Sommermonaten verhindert werden.

Wie das Wasser in der Landschaft gehalten werden kann, könnt Ihr hier nachlesen. Wie sich Nährstoffeinträge in Gewässer reduziert lassen, lest Ihr hier.

Hohe Grundwasserstände sind das wirksamste Instrument, kritische Niedrigwasserstände mit seinen katastrophalen Folgen für das Ökosystem zu verhindern.