Strategien: Osmoregulation

In der Mongolischen Steppe regnet es oft monatelang nicht. Wasser finden die Pferde nur an Grundwasserquellen. Durch eine hohe Kalium- und Calciumversorgung sind die Steppengräser trockenresistenter als bei uns in Mitteleuropa.

Osmoregulation ist die Fähigkeit einer Zelle, die Konzentration an Wirkstoffen und Wasser zu regeln und zu kontrollieren. Normalerweise gleichen sich Konzentrationen in einem Flüssigkeitsraum immer aus. Folglich kann eigentlich weder der Nährstoffgehalt als auch der Wassergehalt einer Pflanzenzelle höher oder niedriger als der im Boden sein, denn die Pflanze ist mit ihren Zellen über die Wurzeln direkt mit dem Boden verbunden. Pflanzenzelle und Boden ist ein Flüssigkeitsraum. Wenn Pflanzen nicht in der Lage wären, ihren Nährstoff- und Wassergehalt ihn ihren Zellen entgegen der Bodenkonzentration zu steuern, dann wären sie völlig vom vorhandenen Boden abhängig. Dem ist nicht so, denn durch eine hohe Konzentration von Kalium und Calcium sind Pflanzen in der Lage, mehr Nährstoffe und mehr Wasser als im Boden in ihren Zellen zu speichern. Die Steuerung der Konzentration erfolgt in beide Richtungen. Bei einem Überangebot an Nährstoffen und Wasser verhindert die Osmoregulation zu hohen Nährstoffenkonzentrationen und Wassergehalte in der Zelle. Deshalb wird die Pflanze nicht nur trockenresistenter, sondern auch frostfester, weil die Pflanzenzellen nicht durch Frostsprengung geschädigt werden.

Durch eine ausreichende Ionenkonzentration, besonders von K+, Ca2+ und H+ (Proton) in ihren Zellen, ist eine Pflanze gegenüber Trockenstress resistenter, da sie bei Trockenheit des Bodens ihr Zellwasser samt Nährstoffen besser hält und nicht an den trockeneren Boden abgeben muss.

Eine Bodenprobe in der Mongolischen Steppe ergab, dass die Böden besonders reich an Calcium und Kalium sind, weil hier wenig Niederschläge für nur geringe Auswaschungen führen. Somit sind die Steppengräser in der Lage, aktiv im Austausch von H+ und HCO3 , gewonnen aus der Photosynthese, reichlich K+ und Ca2+ entgegen der Nährstoffkonzentration im Boden aufzunehmen. Eine Düngung dieser Nährstoffe ist nicht notwendig. Durch die optimalen Wasser- und Nährstoffgehalte in der Zelle sind die Pflanzen der Steppe trocken- und frostresistenter. Eigenschaften, die in der Steppe lebensnotwendig sind. In der Steppe nutzen die Pflanzen auch noch andere Mechanismen, den Trockenstress zu minimieren, wie Verhältnis Wurzelmasse zu Blättern, wenig Blattmasse, Drehen der Spaltöffnunfen aus Sonne und Wind, usw.

Die mögliche Strategie: Da wir in Deutschland in vielen Regionen immer öfter ein Steppenklima durch den Klimawandel registrieren, könnte eine ausreichende oder erhöhte Kalium- und Calciumversorgung der Grünlandböden die Gräser besser gegen Trockenstress zu schützen. Das würde bedeuten, die derzeitigen Düngeempfehlungen der Landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsanstalten (LUFA) einzuhalten oder sogar um eine Stufe (+20%) zu erhöhen. Die LUFA registriert derzeit eher geringere als überhöhte Versorgungsstufen beider Nährstoffe beim Pferdegrünland. Betriebe mit vergleichbaren Grünlandflächen könnten einmal versuchen, eine Parzelle entsprechend den derzeitigen Empfehlungen der LUFA mit Calcium und Kalium zu düngen und die Vergleichsfläche mit 20% zu „überdüngen“. Nur so kann die Frage beantwortet werden, ob für diesen Standort eine Erhöhung der Calcium- und Kaliumdüngung das Grünland trockenresistenter machen kann.

Strategien: Tiefwurzelnde Gräser

Alle bisherigen Klimaprognosen sagen voraus, dass der Jahresniederschlag auch im Klimawandel unverändert bleibt, allerdings wird sich die Verteilung ändern: Zunehmende Niederschläge im wärmeren Winterhalbjahr und abnehmende Niederschläge im zunehmend heißen, trockenen Sommerhalbjahr. Diese Klimaveränderung hat große Auswirkungen auf das Pferdegrünland. Hohe Erträge sind kaum noch zu erwarten. Das Futter für die Pferde wird knapper.

Die Grassorten des Pferdegrünlandes reagieren unterschiedlich auf Trockenstress. Besonders anfällig gegenüber der Sommerdürre ist das Weidelgras. Trockenheitstolerante Gräser sind auf vielen Standorten mittlerweile zu bevorzugen. Althergebrachte Ratschläge und nicht aktuelle Literatur sind nicht mehr empfehlenswert, sozusagen oldschool.

Standardgrasmischungen mit hohem Weidelgrasanteil sind im Zeichen des Klimawandels in Mitteleuropa auf vielen Flächen nicht mehr Stand der Technik.

Da der Ertrag durch die zunehmende Trockenheit abnehmen wird, muss folgerichtig die Düngung heruntergefahren und auch der Tierbesatz verringert werden. Darauf müssen sich Tierhalter einstellen.

Gräser mit hoher Toleranz gegenüber Frühjahrs- und Sommertrockenheit Eigenschaften
RohrschwingelFestuca arundinacea, robust, ertragreich, trockenresistent, tief wurzelnd, strukturbetontes Gras (Blatthärte), setzt sich in Grasmischungen besser durch als der sanftblättrige Rohrschwingel
Sanftblättriger Rohrschwingelbis zu 1 Meter tiefwurzelnd, da langsame Jugendentwicklung immer im August/ September aussähen, horstbildend, geringere Blatthärte
Wiesenschwingelweidefest, horstbildend
Knaulgrashorstbildend, robust, nutzungsunempfindlich
Lieschgras, Timothehorstbildend, Obergras, weidetest, strukturbetontes Gras
Wiesenschweidel, FestuloliumZüchtung aus Wiesenschwingel und Welschem Weidelgras, strukturbetontes Gras
Glatthafer, Französisches Raygrashorstbildend, beständig nur bei extensiver Beweidung, eher geeignet auf Dauerwiesen
FedergrasStipa pennata (Echtes Federgras) und Stipa capillata (Haar- Pfrimengras), horstbildend, als Steppengras hervorragend an Dürreperioden angepasst
Reihenfolge der Aufzählung ist zufällig, keine Bewertung. Einen Grünlandbestimmungsschlüsse findet Ihr unter MEDIEN

Die Landwirtschaftskammern Niedersachsen, NRW und SH empfehlen derzeit für Norddeutschland im Zuge des Klimawandels die aus ihrer Sicht besonders trockenheitstolerante Grasmischung GIV (Wiesenlieschgras, Knaulgras, Wiesenrispe und spätes Deutsches Weidelgras). Das LfL Bayern (Bayerisches Landesanstalt für Landwirtschaft) bietet eine entsprechend trockenheitstolerante Grasmischung für Süddeutschland an. Zur Zeit wird beim LfL auch an neueren, klimageeigneten Saatgutmischungen geforscht. Natürlich kann sich jeder Pferdehalter*in seine eigene Saatgutmischung erstellen bzw. einzelne Sorten zur Nachsaat einsetzen.