Basics: Faustzahlen zur Pferdefütterung (Weide)

Was frisst ein Pferde auf der Weide eigentlich?
  • Wie lange braucht ein Gross-Pferd für sein Futter?

Grobfutter 1 h, Kraftfutter 10 min

  • Wieviel Gras frisst das Gross-Pferd in 1 Stunde?

4 – 5 kg Gras

  • Wieviel Gras frisst ein Grosspferd am Tag?

60 kg Gras, die wachsen auf 100m² Weide

  • Wieviele Stunden frisst ein Pferd in der Natur?

Mindestens 12 Stunden meist sogar 16 Stunden pro Tag ‚(24 Stunden)

  • Wieviel Energie verbraucht ein Pferd durch Arbeit?

2,5 kg Heu gleichen 120 min Schritt (Herzfrequenz ca. 70/min), oder 30 min Trab (Herzfrequenz ca. 150/min) oder 10 min Galopp (Herzfrequenz ca. 220/min) aus.

  • Wann hört ein Pferd auf zu fressen?

Das ist nicht sicher. Da Pferde keine Druckrezeptoren im Verdauungstrakt haben, hören Pferde nicht auf zu fressen, wenn der Magen oder der Darm voll sind. Wahrscheinlich hören Pferde erst auf zu fressen, wenn die Kaumuskulatur ermüdet ist.

  • Wie lang sind Fresspausen beim Pferd?

2 – maximal 4 Stunden. Sind Fresspausen länger als 4 Stunden, wird das Grundbedürfnis Fressen beim Pferd nicht erfüllt, es bekommt Stress, wird futterneidisch und leidet letztlich an Magengeschwüren. Gestresste Pferde lassen sich wesentlich schlechter trainieren, sie wehren sich und arbeiten nicht mit: Der Reiter*in kämpft auf dem Pferd.

  • Was ist nachhaltig?

Minimum 12 Stunden Fresszeit und maximal 4 stündige Fresspausen am Tag (24h).

  • Wieviel Grundfutter benötigt ein ausgewachsenes Warmblutpferd am Tag (24h)?

Mindestens 2 , besser 2,5kg Grobfutter je 100 kg Lebendmasse

  • Futtervergleich bei unterschiedlichem Wassergehalt

1 kg Grobfutter = 1,4 kg Heulage = 2,2 kg Silage = 7 kg junges Gras = 5 kg blühendes Gras = 4 kg Gras nach Blüte

  • Wie kann der Futtervergleich genau ermittelt werden?

Grobfutter (Heu, Stroh ist nur lagerfähig, wenn max. 14 % Wasser enthalten sind. Folglich enthält nicht schimmeliges Heu oder Stroh 860 g Trockenmasse. Bestimmen Pferdehalter*innen die Trockenmasse ihres Grünlandes, können sie punktgenau zu einem bestimmten Zeitpunkt in Abhängigkeit des Klimas, der Jahreszeit und der Vegetation die Trockenmasse des Grases bestimmen. Wie das im Backofen geht, findet Ihr hier. Da Heu/Stroh mindestens 860 g Trockenmasse enthält, muss diese durch die Trockenmasse des Grases geteilt werden. Beispiel: Heu 860g Trockenmasse ./. 120 g Trockenmasse Gras = 7,16667. Ergebnis: Um 1 kg Heu zu ersetzen, muss die 7,2fache Menge Gras (TM 120g) gefüttert werden.

Basics: Trockenmasse bestimmen

Wie schon in einem anderen Beitrag beschrieben, können Futtermittel nur verglichen werden, wenn deren Trockenmasse (TM) analysiert ist. (Hinweis: Die Trockenmasse wird wurde früher auch Trockensubstanz (TS) genannt).

Die Trockenmasse eines Futters kann jeder Pferdehalter*in in der Küche selber bestimmen:

Dazu wird ein handelsüblicher Backofen auf 105 Grad Celsius gestellt und das Futtermittel bis zur Gewichtskonstanz getrocknet. Einfacher ausgedrückt: Bis es kein Wasser mehr enthält. Natürlich wird das Futtermittel dann leichter. Die Gewichtsdifferenz zwischen feuchtem und trockenem Futtermittel wird ermittelt und prozentual bestimmt. Schon steht fest, wieviel Prozent Wasser und Trockenmasse das Futter enthielt.

Die Labortemperatur beträgt 105 Grad, damit das Wasser je nach Ortshöhe und Luftdruck sicher verdampft. Pferdehalter*innen können das entspannter sehen. Es sollte um 100 Grad eingestellt werden.

Ein Beispiel:

  1. Eine hitzebeständige Schale kommt auf die Haushaltswaage. Tara drücken und die Waage zeigt 0,00 oder ohne Tarafunktion Masse notieren. Bei einer Haushaltswaage mit Kunststoffauflage einen Stoffglasuntersetzer oder Bierdeckel unter die Schale vor Tara- Bestimmung legen und die ganze Zeit auf der Waage lassen.
  2. Ca. 200 g Futtermittel in die Schale geben und die Masse (z.B. 209 g Gras) auf der Haushaltswaage notieren. Damit die Probe komplett innerhalb der Schale ist, darf das Futter vor der Massenbestimmung mit einer Schere zerstückelt werden.
  3. Schale mit der Probe in den Backofen mit 105 Grad stellen. Wenn die Temperatur nur in größeren Abständen eingestellt werde kann, dann den Ofen auf 100 Grad stellen.
  4. Nach ca. 30 min die heiße Schale mit dem getrocknetem Futter auf die Waage stellen und die Masse notieren. Jetzt wird klar, warum die Kunststoffwaage eine temperaturisolierende Unterlage benötigt.
  5. Nach weiteren 15 min im Ofen die Schale mit der Probe wieder wiegen. Besteht keine Veränderung gegenüber der vorherigen Wiegung, ist das Wasser komplett verdampft, also Gewichtskonstanz erreicht. Diese Massenfeststellung ist das zu notierende Messergebnis: (z.B. Trockenmasse der Probe beträgt 35 g ). Wurde die Waage nicht in der Tarafunktion betrieben, nicht vergessen, die Masse der Schale abzuziehen!
  6. Jetzt kommt der Dreisatz: 209 g Grasprobe – 35g TM ;

209 g Grasprobe -> 35g TM

1 g Grasprobe -> 35 g TM ./. 209 g -> 0.1674641 g TM

1.000 g Grasprobe -> (35 g TM ./. 209 g) x 1.000 = 167.46411 g TM

Ergebnis: 1 .000 g der Grasprobe enthält 167.46411 g Trockenmasse (16,746411%) und 832.53589 g Rohwasser (83.253589 %). Und jetzt dürfen alle großzügig sein: 17% TM und 83% Rohwasser.

Merke:

  • Auch komplett trockenes Futter zieht aus der Umgebungsluft wieder Feuchtigkeit. Bei üblicher Lagerung (NICHT im Stall!) enthält Trockenfutter ca. 12% Rohwasser und 88% Trockenmasse.
  • Futtermittel sind nur lagerfähig, wenn sie maximal 14% Rohwasser enthalten. Alle anderen Futtermittel schimmeln (bei Vorhandensein von Sauerstoff, Aerobic) oder Faulen (bei Abwesenheit von Sauerstoff, anaerob). Ausnahmen sind nur Futtermittel, die anderweitig sicher konserviert wurden, wie z.b. fachgerecht gelagerte Silage.

Basics: Grundfutterversorgung für den Pferdebestand kalkulieren

Weideflächenbedarf (in m2 pro Tag) eines Pferdes auf einer Weide

Lebensmasse (LM)Grashöhe 15 cmGrashöhe 25 cm
200 kg 60 m2/d30 m2/d
400 kg 70 m2/d40 m2/d
600 kg100 m2/d60 m2/d
800 kg150 m2/d80 m2/d
Durchschnittswerte Deutschland bei üblichen Vegetationsbedingungen (Wachstumsfaktoren ausreichend), die Fläche benötigt dann eine ca. dreiwöchige Ruhephase zum Nachwachsen. Bei fehlendem Niederschlag und großer Hitze ist ein Nachwachsen in dieser Zeit nicht garantiert!

Mit welchem Ertrag ist aktuell zu rechnen?

Durchschnittlich ist bei üblichem Weidemanagement mit folgendem Ertrag zu rechnen:

Graswachstum (cm)Ertrag
1 cm Wuchshöhe1 dt* TM**/ha***/d****
* Dezitonne = 100 kg; ** Trockenmasse *** Hektar = 10.000m2; Tag
Grundfutter, wie Gras, Heu, Grassilage und Getreidestroh ist in der Pferdefütterung durch nichts zu ersetzen

Das Problem mit der Trockenmasse

Grundsätzlich sind Futtermittel (und auch Lebensmittel) nur in der Trockenmasse vergleichbar. Das gilt für die Nährstoffkonzentration als auch für den Preis. Bleiben wir beim Pferdegrünland: Im Frühjahr, bei Vorhandensein aller Wachstumsfaktoren, enthält Weidegras viel Wasser. Mit zunehmender Sommerwärme mit Verdunstung sowie vermehrter Struktur, Blüte und Frucht verliert das Gras Feuchtigkeit, der Wassergehalt der Pflanze sinkt.

Idealisierter Jahreslauf des Pferdegrünlandes Trockenmasse (TM) in g/kg Gras sowie Wasser (RW in g/kg Gras)

vor Ähren-schießenim Ähren-schießenin BlüteEnde Blüteüber-ständig2. AufwuchsHeu
Trocken-
masse
g/kg Gras
140150160175400140 – 160860
Roh-wasser
g/kg Gras
860850840825600860 – 840140

Fressen Pferde junges Gras, nehmen sie viel Wasser (saufen weniger), aber wenig Nährstoffe auf. Ganz anders bei einer überständigen, schon verstrohten Weide. Hier bekommen die Pferde deutlich weniger Wasser durch das Futter (müssen mehr saufen), dafür aber deutlich mehr Nährstoffe.

Merke: Ohne Berücksichtigung des Wasser- und Nährstoffbedarfs ist eine Futterzuteilung teilweise sogar lebensgefährlich!

Beispiel: Pferde soll 12 kg Heu bekommen. Um die selbe Nährstoffmenge zu erhalten, muss unter Berücksichtigung der Trockenmasse (Pferd bekommt 12 x 860 g TM = 10.320 g TM) aus dem Heu) genau 64,5 kg Gras in Blüte ( 10.320 ./. 160) zur Verfügung stehen. In dieser Weise muss auch vorgegangen werden, wenn Heu durch Silage ( oder andersherum) ersetzt wird.

Kommen wir zurück auf die Pferdeweide, die gerade 1 cm am Tag gewachsen ist. Entstanden sind 1 dt Trockenmasse pro Hektar, also 100 kg Trockenmasse je 10.000m2. Wenn ein durchschnittliches Großpferd etwa 65 kg Weide (in Blüte) frisst, nimmt es ca. 11,4 kg Trockenmasse auf. An diesem Tag könnten von dem Grasaufwuchs 8,77 Pferde satt werden. Dann aber muss gewartet werden, dass es am nächsten Tag wieder einen cm wächst. Wächst es nicht nach, weil es zu trocken und/oder zu warm ist, dann müssen die Pferde am nächsten Tag mit anderem Futter versorgt werden.

Mit dieser Rechnung kann auch ermittelt werden, wie hoch der Ertrag einer Mähwiese ist und welche Heumenge eingefahren werden kann. Damit dann auch das benötigte Lagervolumen.

Jahreslauftägl. Zuwachs
dt TM/ha
1.4.0,5
10.4.0,7
20.4.0,9
30.4.1,1
10.5.1,2
20.5.1,1
30.5.0,7
10.6.0,6
20.6.0,5
30.6.0,3
10.80,2
20.80,2
30.8.0,2
10.9.0,4
20.9.0,5
30.9.0,1
Beispielhafte Jahresertragskurve des Pferdegrünlandes. Die Erfassung der eigenen Daten ist für Pferdehalter sehr aufschlussreich und ist sehr zu empfehlen.

Anmerkung: Es hat niemand gesagt, dass Pferdehaltung einfach und das Weidemanagement nicht unheimlich komplex, anspruchsvoll und dadurch sogar spannend ist.