Basics: Traktorenreifen können das Klima schützen

Wie in der Landwirtschaft durch eine nachhaltig wirkende Reifenwahl die Bodengesundheit erhalten werden kann

Landwirte, haben durch eine abgestimmte Reifentechnik bei der Feldarbeit die Möglichkeit, die Bodengesundheit nachhaltig zu erhalten und können damit einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Reifendruckregelanlage (Foto: Rottmann-Automation)

Die Anforderungen an Reifen landwirtschaftlicher Maschinen stehen sich diametral entgegen, je nachdem ob das Fahrzeug auf der Straße oder auf dem Feld eingesetzt werden soll. Auf der Straße sind besonders schmale und prall aufgepumpte Reifen wegen ihres geringen Rollwiderstandes besonders ökonomisch. Auf dem Feld angekommen, verhalten sich genau diese schmalen, prallen und somit wenig federnden Reifen besonders bodenschädigend, weil die kleine Reifenfläche sich tief in den Boden eindrückt und zusammen mit dem erhöhten Schlupf (Durchdrehen) den Boden übermäßig verdichtet. Plastisch ausgedrückt, der Traktor versinkt mit seinen Hackenschuhen im Acker. Auf dem Feld wünscht sich ein Landwirt natürlich breite, nicht so tief einsinkende und federnden Reifen mit wenig Schlupfwirkung. Je größer die Auflagefläche, desto weniger sinkt der Schlepper ein und je weniger Kraft wird benötigt, sich aus dem tiefen Boden zu befreien.

Je tiefer das Profil in den Boden eindringt, je größer der Schaden durch Verdichtung. Je breiter die Reifen, desto besser verteilt sich das Gewicht und desto geringer die Verdichtung.

Moderne Reifen können sowohl die optimalen Straßen- als auch Feldeigenschaften bieten. Zwei Bedingungen machen die möglichst nachhaltige Boden- und Straßenbefahrbeikeit möglich:

  • Luftdruckregulationsmöglichkeit vor Straßen- und Feldarbeit. Der Straßendruck beträgt z.B. 1,8 bar und wird für die Feldarbeit auf 1 bar abgesenkt. Genauere Daten nennen die Hersteller des jeweiligen Reifens.
  • Reifen, die sowohl mit hohem und mit niedrigem Druck gleichermaßen ohne zusätzlichem Verschleiß gefahren werden können. Das geht mit Radialreifen, zu erkennen an dem Kennbuchstaben „IF“ (Imprufed Flection“) oder „VF“ „Very high Flection“

Wenn Landwirte vor dem Befahren den Boden ausreichend abtrocknen lassen, vorausschauen und nicht sportlich fahren und die Radialreifen nach Herstellerangaben auf dem Feld absenken und im Straßeneinsatz wieder erhöhen, leisten einen wesentlichen Beitrag zur Bodengesundheit, weil die Radlast sich auf eine größere Fläche verteilt und somit die Eindingtiefe deutlich verringert und gleichzeitig wegen der vergrößerten Reibungsfläche der Schlupf, also das Durchdrehen, sich ebenfalls deutlich verringert.

Durch eine vorausschauende Fahrweise und einen an den Untergrund angepassten Reifendruck kann ein Landwirt bei 800 h p.a. Schleppereinsatz ca. 3.000 € im Jahr einsparen.

Die bodenschondende Reifendruckanpassung ist im Übrigen nicht mit einem erhöhtem Reifenverschleiß in Verbindung zu bringen. Der hängt im wesentlichen von dem Fahrstil ab, nicht von der Reifendruckanpassung.

Viele Schlepper besitzen bereits jetzt eine Reifendruckregelanlage. Wo die noch nicht vorhanden ist, gibt es Nachrüstungsmöglichkeiten, damit die Reifendruckregulation bequem vom Führerhaus in wenigen Sekunden vorgenommen werden kann. U.U. kann eine 30%ige Förderung über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) beantragt werden. Für derartige Nachrüstkits inclusive Einbau muss für beide Achsen € 5.000.- bis € 10.000.- kalkuliert werden.

Reifendruckregelung direkt im Führerhaus (Foto: Claas)
Luftdruckleitungen regeln den Reifendruck auch während der Fahrt (Foto: Claas)

Wesentlich preiswerter und leicht zu installieren ist die Nutzung des am Traktor bereits vorhandenen Kompressors zusammen mit handelsüblicher Gerätschaft als Nachrüstsatz zur manuell zu bedienender Reifendruckeinstellung („Reifendruckregelanlage light“). Kurz anhalten, austeigen und den passenden Reifendruck einstellen ist eine zumutbare Mühe, die sich allemal für den Klima- und Bodenschutz lohnt. Derartige Nachrüstsätze zum Anschluss an den Schlepperkompressor kosten nach eigenen Recherchen je nach Hersteller und Qualität zwischen 200.- € und 1.000.- €.

Reifenregeldruckanlage light, die preiswerte Alternative zur automatischen Drucksteurung bei Nutzung des traktoreigenen Kompressors (Foto: Rottmann Automation)

Pferdehalter, die Landwirte, Lohnunternehmen oder Maschinenringe für gelegentliche Arbeiten beauftragen, sollten auf eine Reifendruckreduzierung auf ihren Flächen bestehen und auch die Einhaltung überprüfen. Und wenn der Fahrer aussteigen und die vier Reifen einzeln reduzieren muss, ist das durchaus zumutbar. In der Regel sollte der Reifendruck bei der Arbeit auf dem Boden nicht mehr als 1 bar betragen. Auf der Straße kann der Fahrer dann ja wieder mit 1,5 – 2 bar fahren.

Das sind die möglichen Vorteile einer Reifendruckreduzierung auf dem Acker/ Grünland:

  • ca. 100% größere  Aufstandsfläche und somit 50% geringerer Bodendruck
  • ca. 15% Schlupfreduzierung
  • ca. 15% Kraftstoffersparnis im Feld und 5% auf der Straße
  • ca. 20% Zugleistungssteigerung und 10% Flächenleistungssteigerung
  • ca. 20% Reifenverschleißreduzierung

Basics: Schlupf

Bei einem Fahrzeug entsteht eine Schlupfspur, wenn der Reifen durchdreht oder blockiert. Fußgänger legen eine Schlupfspur, wenn die Füße unter ihnen wegrutschen, also auch, wenn sie zu schnell beschleunigen (ausrutschen) oder abbremsen (mit Anlauf auf dem Eis schlittern). Auch Pferde haben Schlupf: Wenn ein Pferd plötzlich losgallopiert und wegrutscht oder aber in der vollen Vorwärtsbewegung einen Stopp vollführt.

So schnell kann das Grünland geschädigt werden: Einmal schnell mit dem Trecker die Raufe umstellen.

Schlupf ist also der Unterschied zwischen der geplanten Strecke und der dafür benötigten Antriebskraft und der tatsächlich zurückgelegten Strecke.

Definition
Schlupf definiert sich durch die verlorene Wegstrecke. Die Differenz der Radgeschwindigkeit und der Bewegungsgeschwindigkeit, ins Verhältnis gesetzt zur Radgeschwindigkeit, ist Schlupf
Verein Deutscher Ingenieure
VDI Richtlinie 6101, Maschineneinsatz unter Berücksichtigung der Befahrbarkeit landwirtschaftlich genutzter Böden, 2014

Beim Traktor kann der Schlupf relativ einfach ermittelt werden und wird bei den neueren Fahrzeugen Auf einem Display im Führerhauses angezeigt.

Schluffformel
Schlupf ist der Unterschied zwischen dem geometrisch ermittelten Radumfang ( U = pi x d) und der tatsächlichen zurückgelegten Strecke nach genau einer Radumdrehung.
Schlupf = 1 – (Radumfang : tatsächlich zurückgelegte Wegstrecke)
Auch Pferde schädigen das Grünland durch Schlupf, besonders wenn der Boden beim Weidegang zu nass ist.

Je stärker der Schluff, desto gravierender die sog. Schluffspur, also die glänzende, sehr stark und dauerhaft verklebte, nahezu wasserdichte Spur. Schlupfspuren sorgen oftmals für eine mehrjährige Bodenschädigung durch Verdichtung.

Jeder kennt das komplette Durchdrehen der Räder bei keinem Vortrieb: Festgefahren. Unterschätzt wird aber der teilweise Schlupf, wenn z.B. die Räder sich doppelt so schnell drehen, der zurückgelegte Weg aber nur halb so weit ist. Der/die Fahrer*in merkt selber beim Fahren nicht, wenn es sich z.B. um einen 20% oder 30%igen Schlupf handelt. Schon in diesem Bereich wird eine bodenschädigende Schlupfspur, also Verdichtungsspur gelegt.

Schlupf in %Bewertung
0 – 10 %gut, wenig Bodenverdichtung
15%grenzwertig, gerade noch tolerabel
> 20%nicht mehr akzeptabel
100 %Räder drehen komplett durch, kein Vortrieb
Die Schädigung des Bodens ist stark abhängig vom Wassergehalt und der Bodenart. Je nasser der Boden und je feiner die Bodenkörnung, desto höher die Verdichtung.

MERKE: Je größer die Antriebskräfte (Gasgeben) der die Bremskräfte (Bremsen), desto größer die Schlupfgefahr. Also: Samthände beim Steuern und Samtfüße beim Gasgeben und Bremsen beim Fahren auf dem Pferdegrünland. Kein Sliding! Die Pferdeweide ist kein Ort für Trecker-Poser.

Sind Fahrspuren breiter als der Reifen, die Stollenabdrücke zerwühlt und befinden sich zahlreiche Erdanhaftungen zwischen den Stollen, dann ist das ein sicheres Anzeichen für zu hohen Schlupf.

Je tiefer ein Traktorreifen in seiner Fahrspur einsackt, umso stärker muss er „bergauf“ fahren, Schlupf wird wahrscheinlicher.

Wer keine Schlupfanzeige zur Verfügung hat und sicher gehen will, der*die kann das Ausmass des Schlupfes auch selbst messen:

1. Zählen der Anzahl der Radumdrehungen, die der Reifen auf einer bestimmten Wegstrecke zurücklegt. Tipp: Reifen an einer Stelle markieren und Aufnahme in Zeitlupe mit dem Smartphone oder Tablet.

2. Teilen der gezählten Radumdrehungen durch die theoretische Anzahl an Radumdrehungen in den Herstellerangaben (Abrollumfang wird in der Produktbeschreibung des Reifenherstellers genannt).

3. Ergebnis mit 100 multiplizieren, Ergebnis ist der Schlupf in Prozent. Schlupfwert. Werte über 15% sind zu hoch!

Tipp: Mehr über die Schlupfreduzierung durch geeignete Bereifung, angepassten Reifendruck und der mögliche Beitrag zum Klimaschutz steht hier.