Beobachtungen zum Klimawandel: Klimaerwärmung bringt mehr Extremwetter

Pressemitteilung zur Eröffnung des 15. ExtremWetterKongresses (2025):

Hamburg – Vor dem Hintergrund der sich global rapide verändernden Wetterbedingungen stellt der Deutsche Wetterdienst (DWD) neueste Ergebnisse der Forschungen über den Status des Klimas in Deutschland vor.

Der DWD belegt in seiner diesjährigen Ausgabe des Extremwetter-Faktenpapiers unter dem Titel „Was wir 2025 über das Extremwetter in Deutschland wissen“, wie sich der Klimawandel in Deutschland in den letzten Jahrzehnten beschleunigt hat und was dies für Auftreten und Ausmaß von Extremwetter in Deutschland bedeutet. So ist zum Beispiel auf Grund der Beobachtungen des Klimas der letzten Jahrzehnte der DWD zu einer Neubewertung hinsichtlich des Entwicklungstrends der Temperaturen in Deutschland gekommen. Tobias Fuchs, Vorstand Klima und Umwelt des Deutschen Wetterdienstes: „Wir beobachten eine beispiellose Häufung von Wärmerekordjahren mit Blick auf das zurückliegende Jahrzehnt. Der Klimawandel beschleunigt sich – und mit ihm nehmen Wetterextreme wie Hitzewellen und Trockenphasen spürbar zu. Besonders in unseren Städten werden die Belastungen für die Menschen immer größer. Deshalb brauchen wir entschlossenes Handeln: Klimaschutz, um die Erderwärmung zu bremsen, und gleichzeitig Anpassung, um die Folgen besser bewältigen zu können. Der Deutsche Wetterdienst liefert dafür die Daten, Analysen und Handlungsempfehlungen – und lädt ein, diese konsequent zu nutzen. Denn wir haben es nach wie vor in der Hand, unsere Zukunft klimagerecht zu gestalten.“

Seit 1960 war hierzulande jede Dekade wärmer als die vorherige. Im Gesamtzeitraum 1881-2024 wurde es jedes Jahrzehnt 0,13 Grad wärmer, für den Zeitraum 1971-2024 lag die Erwärmungsrate schon bei 0,41 Grad Celsius pro Dekade. Die stärkere Erwärmung in den letzten Jahren ist für Deutschland nachgewiesen, tritt aber in sehr ähnlicher Ausprägung in ganz Europa und kaum schwächer global über den Landmassen der Erde auf. Die Klimaforschenden sehen daher großen Handlungsbedarf und die Notwendigkeit für Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen gleichermaßen. Die nach dem Abschluss des Pariser Rahmenabkommens umgesetzten Maßnahmen waren für den Klimaschutz zwar wirksam, aber völlig unzureichend, um das Klimasystem auf einem ungefährlichen Niveau zu stabilisieren. Aktuell geht die Konzentration von Treibhausgasen nicht nur nicht zurück, sie steigt sogar schneller an denn je. Dass wir deshalb die 1,5-Grad- Grenze inzwischen unvermeidbar im Korridor 2028-2036 selbst in der Arithmetik des Pariser Klimaabkommens überschreiten werden, kann nicht mehr überraschen.

Schmelze der Alpengletscher hat sich in diesem Sommer weiter beschleunigt

Mit den steigenden Temperaturen sind die Schmelzprozesse in der Kryosphäre, den Eiskörpern auf unserem Planeten, unmittelbar verbunden. So berichtet Gudrun Mühlbacher, Leiterin des Regionalen Klimabüros München Deutscher Wetterdienst, zur Sommerbilanz der Alpengletscher: „Das Alpenklima war im Winterhalbjahr 2024/25 in den Zentral- und Ostalpen ausgesprochen niederschlags- und schneearm. Die Anzahl der Schneedeckentage war meist um 10 bis 40 Prozent geringer als in einem durchschnittlichen Winter. Die Temperatur war aufgrund vieler Inversionswetterlagen oberhalb von 1000 Metern um bis zu 2°C wärmer als im Klimamittel. Für die Gletscher im Alpenraum sind das schlechte Bedingungen, die die Schmelze beschleunigen.“ 

Meereis in der Arktis weiter auf deutlichem Rückzug

Auch in der Arktis ist der Klimawandel auf der Überholspur. Hier steigen die regionalen Temperaturen drei bis viermal so schnell an wie im globalen Mittel. Die Folge: Das Meereis wird dünner und verschwindet im Sommer an manchen Stellen ganz. Dieses Jahr erreichte das Meereis im März die niedrigste Winterausdehnung seit Aufzeichnungsbeginn, bevor es sich dank günstiger Eisbewegungen und moderater Lufttemperaturen zum Sommer hin wieder leicht erholte. Dr. Luisa von Albedyll, Meereisphysikerin am Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), ergänzt: „Wir schauen nicht nur auf die Eisausdehnung oder Fläche, die von Eis bedeckt ist, sondern auch auf das gesamte Eisvolumen. Dieses hat in den letzten vier Jahrzehnten, genauso wie das mehrjährige, alte Eis, ganz besonders deutlich abgenommen.“ Die starken Veränderungen in der Arktis führen auch dort zu neuen Extremen: Es häufen sich starke Stürme, Regenfälle und Temperaturen über dem Gefrierpunkt. Auch marine Hitzewellen, also kurzfristig auftretende, extreme Ozeantemperaturen, haben große Auswirkungen auf die Eisschmelze, die Eisneubildung und auf die Eisdicke. Aktuell herrschen vom europäischen Nordmeer bis weit in die sibirischen Randmeere Meeresoberflächentemperaturen von bis zu vier Grad oberhalb des langjährigen Mittels, die die Kinderstube des Meereises für die Arktis deutlich verändern. „Wir hatten eine so geringe Meereiskonzentration nordöstlich von Grönland wie noch nie. Das gilt allerdings nicht für die gesamte Arktis. Für uns hat es aber während der CONTRASTS-Expedition in diesem Seegebiet bedeutet, dass wir überraschend schnell in der Region vorangekommen sind“, ergänzt der Fahrtleiter der CONTRASTS-Expedition, Dr. Marcel Nicolaus (AWI). Er wird beim EWK in einer Live-Schaltung zum Forschungsschiff Polarstern über diese Expedition und die aktuellen Erkenntnisse sprechen. Auch das antarktische Meereis liegt im Fokus der AWI-Forscher:innen. Starke Hinweise deuten auf einen radikalen Wandel des antarktischen Klimasystems hin. Auf der anderen Seite des Planeten läuft das nahende Meereismaximum in der Antarktis auf die dritt- oder viertniedrigste Winterausdehnung hinaus und manifestiert den dort stattfindenden Klimawandel, der die Ausdehnung des antarktischen Meereises auf ein Maß weit unter die natürliche Variabilität der vergangenen Jahrhunderte reduziert hat.

Nord- und Ostsee erleben einen extremem Wandel: Extreme im Meer: Hitzewellen nehmen zu, Sturmfluten werden heftiger

Auch vor unserer Haustür, an Nordsee und Ostsee verändern sich die Bedingungen in einem nie dagewesenen Tempo. Helge Heegewaldt, Präsident des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie: „Die Nordsee war im Frühjahr und Sommer 2025 so warm wie nie seit Beginn der Messungen. In der Ostsee bei Kiel dauerte eine marine Hitzewelle über 55 Tage – mit Temperaturen von mehr als 4 Grad über dem langjährigen Mittel. Das ist ein klares Zeichen des Klimawandels. Unsere Meere erwärmen sich immer weiter – mit weitreichenden Folgen. Der Meeresspiegel in Cuxhaven stieg seit 1900 bereits um mehr als 25 Zentimeter und er wird weiter steigen. Dadurch erhöhen sich die Wasserstände an unseren Küsten deutlich. Auch Sturmfluten werden vor diesem Hintergrund heftiger ausfallen. Bis 2100 wird mit einem zusätzlichen Anstieg von 0,6 bis 1,1 Meter gerechnet, bis 2150 sogar von 0,8 bis 1,9 Meter – vorausgesetzt, die Treibhausgasemissionen werden nicht drastisch reduziert. Deshalb müssen wir heute handeln – für das Klima, die Meere und vor allem für uns.“

Klimaschutz und Klimaanpassung dürfen nicht an Bürokratie scheitern

Die zu erwartenden Klimaveränderungen erfordern für Deutschland in den kommenden Jahrzehnten ganz erhebliche Anstrengungen im Bereich des Klimaschutzes und der Klimaanpassung. Dr. Frank Voßloh, Geschäftsführer Viessmann Deutschland GmbH, sieht die Politik am Zug: „Wir brauchen auch die Menschen, die diesen Transformationsprozess umsetzen. Wir benötigen jetzt staatliche Unterstützung für Auszubildende, die Berufe lernen, mit denen die Wärme- und Energiewende gelingen kann. Dieser Zukunftsmarkt braucht jetzt dringend Anreize.“ Durch falsche politische Maßnahmen der Vergangenheit hat Deutschland die aufstrebende Wind- und Solarbranche in großen Teilen China überlassen. Kommunikative Fehler haben den Markt der Wärmepumpen stark beschädigt. Hier müssen Kommunikation und Maßnahmen korrigiert werden. Vor ähnlich großen Herausforderungen im Transformationsprozess stehen auch die Ingenieur:innen in Deutschland. Dr.-Ing. Heinrich Bökamp, Präsident der Bundesingenieurkammer, fordert vor dem Hintergrund der wissenschaftlichen Erkenntnisse von der Politik mehr Entschlossenheit: „Die Schäden durch den Klimawandel nehmen zu. Laut einer Umfrage der Bundesingenieurkammer aus dem Juni 2024 befürchten zwei Drittel der Bevölkerung eine weitere Zunahme von Extremwetterereignissen. Mehr als 90 Prozent der Befragten meinen, dass der Staat mehr in die Klimaanpassung von Infrastrukturen wie Straßen, Schienen, Brücken und Dämmen investieren müsse. Die Aktivitäten von Bund, Ländern und Kommunen gehen in die richtige Richtung, sind aber noch nicht ausreichend. Wir brauchen zeitnah verpflichtende gesetzliche Vorgaben mit dem Ziel, die Funktionsfähigkeit und Resilienz lebenswichtiger Infrastrukturen zu gewährleisten. Hierfür bedarf es übergreifender Abstimmung und Koordinierung und – vor allem – einer ausreichend gesicherten Finanzierung der Umsetzung. Der Staat muss jetzt zum Schutz der Bevölkerung handeln. Wir Ingenieure stehen mit unserer Expertise hierfür beratend zur Verfügung“.

Mehr miteinander als übereinander reden

Klimakommunikation ist ein weiterer Schwerpunkt der Tagung. Frank Böttcher, Vorsitzender der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft/Vorsitzender des ExtremWetterKongresses: „Wer die Gesellschaft aufmerksam beobachtet, könnte zu dem Schluss kommen, dass der Austausch unterschiedlicher Positionen schwieriger geworden ist. Wie oft hat man das Gefühl, die anderen bestehen darauf, Recht zu haben. Es erscheint vor dem Hintergrund der gewaltigen Herausforderungen recht sinnvoll zu sein, wenn wir die Art der Kommunikation zu Klimathemen überdenken. Jede Person in unserem Land wird den Klimawandel deutlich spüren. Drei Bereiche erscheinen in der Kommunikation sinnvoll zu sein: Zuhören, miteinander sprechen, Informationen bereitstellen. Diese drei Säulen sollten gleichberechtigt in der Klimakommunikation zu finden sein. Wir unterschätzen oft den Wissensgewinn, der durch das Anhören anderer Positionen entsteht. Hören wir denen mehr zu, die andere Positionen vertreten. Beide Seiten können dadurch lernen und an Verständnis füreinander gewinnen, auch wenn man nicht immer einer Meinung ist. Klimakommunikation ist daher einer der Schwerpunkte der Tagung. Dabei gilt: Jedes Problem hat das Recht auf eine Lösung und wir haben die Pflicht, dem Problem eine Lösung zu ermöglichen.“

Nicht aufgeben, bevor man richtig angefangen hat

Bisweilen verlieren Menschen bei all den Krisen und schlechten Nachrichten die Zuversicht und das Gefühl, noch einen guten Beitrag leisten zu können. Dabei sind Gesellschaften dann besonders anpassungsfähig, wenn sie sich nicht von Angst, sondern von Zuversicht leiten lassen. Dipl. Met. Sven Plöger, Meteorologe und Buchautor, rät: „Nicht aufgeben, bevor man richtig angefangen hat! Immer häufiger höre ich den demotivierten Satz „Das schaffen doch sowieso nicht mehr!“ So auf die Welt zu blicken, endet schnell in einer sich selbst erfüllenden Prognose. Stellen Sie sich vor, eine Fußballmannschaft, die nach wenigen Minuten im Rückstand liegt, würde so denken: Niemals könnte ein Spiel gedreht werden! Dieser Sportsgeist, die Haltung, Chancen zu sehen, muss in unseren Köpfen geweckt werden. Das muss die Aufgabe von uns Klimakommunikatoren sein.“

Ihr finden ein Faktenpapier der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft zum globalen Kipppunkten unter https://extremwetterkongress.org/presse

Beobachtungen zum Klimawandel: Deutschland erwärmt sich mit inzwischen 2,5°C etwa doppelt so schnell wie der weltweite Durchschnitt

ExtremWetterKongress 2025

In seinem Statement zur Eröffnung des 15. ExtremWetterKongresses (2025) in Hamburg referiert Tobias Fuchs, Vorstand Klima und Umwelt des Deutschen Wetterdienstes:

  • Zunahme von Hitzewellen in Deutschland ist eine Folge der globalen Erwärmung
  • Die Häufung von Trockenphasen ist gestiegen
  • Klimaschutz und Klimaanpassung müssen Hand in Hand gehen
  • Zusammenfassung: Lassen Sie mich zusammenfassen: Basierend auf den uns vorliegenden Daten und Analysen ist davon auszugehen, dass sich die globale Erwärmung mit den hier beschriebenen Auswirkungen in den kommenden Dekaden fortsetzen und verschärfen wird. Neue Temperaturrekorde werden wahrscheinlicher – auch wenn es im Rahmen der natürlichen Variabilität weiterhin auch kalte Winter, kühle Sommer und die Gefahr von Spätfrösten geben wird. Wichtig ist, das Tempo des Klimawandels durch Klimaschutz zu drosseln und gleichzeitig Maßnahmen für den Umgang damit (Stichwort Anpassung) zu ergreifen. Schon jetzt gilt, dass jeder Euro den wir erfolgreich in den Klimaschutz investieren, ein Vielfaches an Euros für Kosten zur Klimaanpassung spart. Dabei zählt jedes Zehntelgrad weniger an Temperaturanstieg. Sowohl für Klimaschutz als auch für Klimaanpassung liefert der Deutsche Wetterdienst die notwendigen Daten und Analysen und engagiert sich deshalb auch als wissenschaftlicher Partner von Extremwetterkongress und Klimamanagementtagung. Denn jeder Impuls, der mehr Klimaschutz auslöst ist wichtig, jede Maßnahme zur Klimaanpassung zählt. Deshalb möchte ich mit einer Einladung schließen: Aus Sicht der Klimaforschung und -beratung haben wir es nach wie vor in der Hand, Wirtschaft und Gesellschaft klimagerecht zu gestalten. Nutzen Sie dafür gerne auch unsere Daten, Analysen und Beratungsangebote vom Deutschen Wetterdienst.
  • Vorgestellt wird die Grafik „Deutschland im Klimawandel“ in der Version 2025

Kerninfos zum Extremwetter in Deutschland in fünf Sätzen:

1. DIE GLOBALE ERWÄRMUNG ERHÖHT GENERELL DIE WAHRSCHEINLICHKEIT FÜR DAS AUFTRETEN BESTIMMTER EXTREME.

2. DIE ZUNAHME VON HITZEWELLEN IST ZWEIFELSFREI EINE FOLGE DER GLOBALEN ERWÄRMUNG.

3. DIE HÄUFIGKEIT VON TROCKENPHASEN IST GESTIEGEN.

4. KEINE AUSGEPRÄGTEN VERÄNDERUNGEN DER WINDGESCHWINDIGKEITEN.

5. MIT JEDEM WEITEREN JAHR VERBESSERT SICH DIE DATENGRUNDLAGE ZUR BEWERTUNG DER MIT STARKREGEN VERBUNDENEN SCHADENSRISIKEN.

Quelle: ExtremWetterKongress und Deutscher Wetterdienst DWD

Mehr Infos mit gesicherten Informationen des Deutschen Wetterdienstes / Extremwetterkongress (2025) sowie umfangreichen Quellenangaben findet Ihr hier.

Basics: Unser Wald ist kein Klimaschützer mehr

Der Verlust an Biomasse im Wald ist derzeit größer als der Zuwachs an lebender Biomasse

Die letzte Bundeswaldinventur nach § 41a Bundeswaldgesetz hat es herausgefunden: Unser Wald ist nicht mehr als „Klimaschützer“ aktiv, weil er mittlerweile mehr klimaschädigenden Kohlenstoffdioxid (CO2) in die Atmosphäre abgibt als er aus ihr entnimmt. Die CO2– Bilanz geht zulasten der Atmosphäre und forciert damit den Klimawandel.

Dieser Wald kann der Atmosphäre Kohlenstoffdioxid entziehen …

Bisher konnte der Wald so viel Kohlenstoff speichern und so klimaschädliche Treibhausgase der Atmosphäre entziehen. Die CO2– Bilanz hat sich in Deutschland komplett gewandelt: Mittlerweile produziert der Wald bei uns mehr Kohlenstoffdioxid als er Kohlenstoff speichern kann und trägt deshalb zur Anreicherung der Atmosphäre mit klimaschädlichen Treibhausgasen bei.

… und somit zum Klimaschutz beitragen. Nur …

Woran liegt der Wandel vom klimaschonenden Kohlenstoff- Speicher hin zum klimaschädlichen Gaseintrag in die Atmosphäre? Trockenheit, Stürme, Waldbrände und der Borkenkäferbefall werden von der Wissenschaft dafür verantwortlich gemacht, dass das Ökosystem Wald nicht mehr in der Lage ist, genügend Kohlenstoff (Biomasse) zu speichern um so zur Kohlenstoffdioxidreduktion der Atmosphäre beizutragen zu können. Stattdessen trägt der Wald in seinem jetzigen Zustand zur Anreicherung klimaschädlicher Gase in der Atmosphäre und zum verstärkten Klimawandel bei.

… die Wirklichkeit sieht mittlerweile anders aus: Hitze, Trockenheit, Sturm und Schädlinge machen aus dem ehemals klimaschonenden, ökologisch wertvollen Wald Ödlandflächen, die mit ihren klimaschädigenden Kohlenstoffdioxidgasen zur Anreicherung der Atmosphäre mit Treibhausgasen den Klimawandel verstärken.

In diesem Zusammenhang bekommt das Dauergrünland eine noch größere Bedeutung beim Entzug von Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre und der Speicherung in der organischen Masse des Dauergrünlandbodens.

Die Ausweitung und wenigsten der Stopp der ständigen Vernichtung von Dauergrünlandflächen trägt nicht unerheblich zum Klimaschutz bei. Dabei darf nicht übersehen werden, dass nur biologisch intakte und nur mäßig intensiv bewirtschafte Dauergrünlandflächen eine maximale Kohlenstoffdioxidspeicherung garantieren. Nur gepflegte Dauergrünlandflächen sind ein wirksamer Beitrag zum Klimaschutz, weil mehr Biomasse (Kohlenstoff) im Grünlandboden gespeichert wird, als CO2 (Kohlenstoffdioxid) in die Atmosphäre abgegeben wird. Gleichzeitig wird neben dem Klimaschutz auch ein wesentlicher Beitrag zum Artenschutz geleistet. Quasi ein Doppelschlag.

Fachgerecht geführtes und mäßig intensiv bewirtschaftes Dauergrünland hat eine höhere biologische Aktivität als gesunder Wald

Ein perfektes Grünlandmanagement ist deshalb notwendig, weil Dauergrünland, welches mehr Kohlenstoffdioxid der Atmosphäre entziehen kann als ein intakter Wald, in unseren Breitengraden immer nur eine anthropog bedingte Kultur, also vom Menschen beeinflusst, geführt ist. Ohne die menschliche Einflussnahme ist Dauergrünland, bis auf ganz wenige Ausnahmen, bei uns in Deutschland und in vielen Ländern Mitteleuropas nicht anzutreffen.

Pferdebetriebe, die sich für gut geführte Dauergrünlandbiotope engagieren, leisten einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz und sollten diese nachhaltige Arbeit zum Klimaschutz auch bei der Darstellung ihres Betriebes herausstellen. Mit Greenwashing hat das nichts zu tun, denn Klimaschutz und gleichzeitiger Artenschutz sind ein wesentlicher Beitrag zum Erhalt unserer Lebensgrundlagen.

Originalquelle:

Deutlich wird das BMEL in seiner Pressemitteilung Nr. 108/2024 vom 08.10.2024

„Bundeswaldinventur: Deutscher Wald durch Klimakrise erheblich geschädigt

Özdemir: „Ein starker Wald heißt Klimaschutz für uns – da müssen wir hin.“

Die Wälder in Deutschland tragen nicht wie erwartet zur Speicherung des klimaschädlichen Treibhausgases CO2 bei. Das ist das Ergebnis der jüngsten Bundeswaldinventur (BWI), die Bundesminister Cem Özdemir am Dienstag vorgestellt hat. Demnach ist der Wald, lange Zeit als Kohlenstoff-Senke geschätzt, in den letzten Jahren aufgrund der Klimakrise und ihrer Folgen zur Kohlenstoff-Quelle geworden. Das bedeutet, der überwiegende Abgang durch Stürme und Dürre sowie Käferbefall ist größer als der Zuwachs an lebender Biomasse. Seit 2017 hat sich der Kohlenstoffvorrat im Wald um 41,5 Millionen Tonnen verringert. Die Bundeswaldinventur ist die umfangreichste Erhebung zum Zustand und zur Entwicklung des Waldes in Deutschland. (…)“

Basics: Bodenschutz = Artenschutz = Klimaschutz

Bild: Von Lucarelli – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=9911457

Gesunde, lebende Böden bekommen einen immer höheren Stellenwert beim Erhalt der Artenvielfalt (Biodiversität) und dem Klimaschutz

Lebende Böden sind das weltweit artenreichste Ökosystem. Nach neuesten Erkenntnissen eines Schweizer Forscherteams* leben im Boden ca. 60 % aller uns bekannten Arten. Bisher war man von einer wesentlich geringeren Anzahl, nämlich 25%, ausgegangen.

In einem gesunden, luftigen Boden wimmelt es von Pilzen, Algen, Viren, Bakterien, Einzellern, Pflanzen, wirbellose Tiere (Schnecken, Insekten, Krebstiere, Spinnentiere, Tausendfüßler, Rundwürmer, Ringelwürmer) und natürlich auch Wirbeltiere.

Nur lebende, luftige Böden erhalten die bedeutende Artenvielfalt dieses wertvollen Ökosystems.

Weil die Gesamtheit des Bodenlebens am Nährstoffkreislauf und der Kohlenstoffspeicherung massgeblich beteiligt ist, bekommt der Boden eine immer größere Bedeutung nicht nur bei der Pflanzenernährung, sondern auch beim Klimaschutz.

Die Forscher der jetzt vorgelegten Studie wünschen sich, dass der Bodenschutz in Zeiten des Klimawandels, des Artensterbens, der Intensivierung der Landwirtschaft und Ausweitung des Baulandes deutlich verbessert wird. „Unsere Studie zeigt,“ so die Forscher um Mark Anthony „dass die Vielfalt in den Böden groß und entsprechend wichtig ist und sie somit im Naturschutz viel stärker berücksichtigt werden sollte.“

BodenlebewesenUnterteilung in …Beispiel
BakterienKnöllchenbakterien, aerobe Bakterien, anaerobe Bakterien
EinzellerWimpertierchen, Geißeltierchen, Amöben, Pantoffeltierchen
PilzeHutpilze (wie Fliegenpilz, Steinpilz, Pfifferling), Flechten, Myzelgeflecht
Pflanzenunterirdische Pflanzenteile, wie PflanzenwurzelnBäume, Gräser, Kräuter, Algen
Viren



WeichtiereGartenschnecke, Weinbergschnecke
InsektenSpringschwänze, Ohrwürmer, Käfer, Fliegen, Mücken
KrebstiereAsseln
wirbellose TiereSpinnentiereSpinnen, Weberknechte, Milben, Zecken
TausendfüßlerTausendfüßler, Hundertfüßler
RingelwürmerRegenwurm
RundwürmerFadenwürmer



SäugetiereMaulwurf, Wühlmaus, Hamster, Kaninchen, Fuchs, Dachs, Feldmaus
WirbeltiereReptilienEidechse, Schlangen
AmphibienKröten, Feuersalamander
Nähere Infos zum Bodenleben in: Lernort, Boden, Bayerisches Staatsministerium für
Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (StMUGV)
Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB)

* Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL), Birmensdorf, Schweiz

Basics: Traktorenreifen können das Klima schützen

Wie in der Landwirtschaft durch eine nachhaltig wirkende Reifenwahl die Bodengesundheit erhalten werden kann

Landwirte, haben durch eine abgestimmte Reifentechnik bei der Feldarbeit die Möglichkeit, die Bodengesundheit nachhaltig zu erhalten und können damit einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Reifendruckregelanlage (Foto: Rottmann-Automation)

Die Anforderungen an Reifen landwirtschaftlicher Maschinen stehen sich diametral entgegen, je nachdem ob das Fahrzeug auf der Straße oder auf dem Feld eingesetzt werden soll. Auf der Straße sind besonders schmale und prall aufgepumpte Reifen wegen ihres geringen Rollwiderstandes besonders ökonomisch. Auf dem Feld angekommen, verhalten sich genau diese schmalen, prallen und somit wenig federnden Reifen besonders bodenschädigend, weil die kleine Reifenfläche sich tief in den Boden eindrückt und zusammen mit dem erhöhten Schlupf (Durchdrehen) den Boden übermäßig verdichtet. Plastisch ausgedrückt, der Traktor versinkt mit seinen Hackenschuhen im Acker. Auf dem Feld wünscht sich ein Landwirt natürlich breite, nicht so tief einsinkende und federnden Reifen mit wenig Schlupfwirkung. Je größer die Auflagefläche, desto weniger sinkt der Schlepper ein und je weniger Kraft wird benötigt, sich aus dem tiefen Boden zu befreien.

Je tiefer das Profil in den Boden eindringt, je größer der Schaden durch Verdichtung. Je breiter die Reifen, desto besser verteilt sich das Gewicht und desto geringer die Verdichtung.

Moderne Reifen können sowohl die optimalen Straßen- als auch Feldeigenschaften bieten. Zwei Bedingungen machen die möglichst nachhaltige Boden- und Straßenbefahrbeikeit möglich:

  • Luftdruckregulationsmöglichkeit vor Straßen- und Feldarbeit. Der Straßendruck beträgt z.B. 1,8 bar und wird für die Feldarbeit auf 1 bar abgesenkt. Genauere Daten nennen die Hersteller des jeweiligen Reifens.
  • Reifen, die sowohl mit hohem und mit niedrigem Druck gleichermaßen ohne zusätzlichem Verschleiß gefahren werden können. Das geht mit Radialreifen, zu erkennen an dem Kennbuchstaben „IF“ (Imprufed Flection“) oder „VF“ „Very high Flection“

Wenn Landwirte vor dem Befahren den Boden ausreichend abtrocknen lassen, vorausschauen und nicht sportlich fahren und die Radialreifen nach Herstellerangaben auf dem Feld absenken und im Straßeneinsatz wieder erhöhen, leisten einen wesentlichen Beitrag zur Bodengesundheit, weil die Radlast sich auf eine größere Fläche verteilt und somit die Eindingtiefe deutlich verringert und gleichzeitig wegen der vergrößerten Reibungsfläche der Schlupf, also das Durchdrehen, sich ebenfalls deutlich verringert.

Durch eine vorausschauende Fahrweise und einen an den Untergrund angepassten Reifendruck kann ein Landwirt bei 800 h p.a. Schleppereinsatz ca. 3.000 € im Jahr einsparen.

Die bodenschondende Reifendruckanpassung ist im Übrigen nicht mit einem erhöhtem Reifenverschleiß in Verbindung zu bringen. Der hängt im wesentlichen von dem Fahrstil ab, nicht von der Reifendruckanpassung.

Viele Schlepper besitzen bereits jetzt eine Reifendruckregelanlage. Wo die noch nicht vorhanden ist, gibt es Nachrüstungsmöglichkeiten, damit die Reifendruckregulation bequem vom Führerhaus in wenigen Sekunden vorgenommen werden kann. U.U. kann eine 30%ige Förderung über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) beantragt werden. Für derartige Nachrüstkits inclusive Einbau muss für beide Achsen € 5.000.- bis € 10.000.- kalkuliert werden.

Reifendruckregelung direkt im Führerhaus (Foto: Claas)
Luftdruckleitungen regeln den Reifendruck auch während der Fahrt (Foto: Claas)

Wesentlich preiswerter und leicht zu installieren ist die Nutzung des am Traktor bereits vorhandenen Kompressors zusammen mit handelsüblicher Gerätschaft als Nachrüstsatz zur manuell zu bedienender Reifendruckeinstellung („Reifendruckregelanlage light“). Kurz anhalten, austeigen und den passenden Reifendruck einstellen ist eine zumutbare Mühe, die sich allemal für den Klima- und Bodenschutz lohnt. Derartige Nachrüstsätze zum Anschluss an den Schlepperkompressor kosten nach eigenen Recherchen je nach Hersteller und Qualität zwischen 200.- € und 1.000.- €.

Reifenregeldruckanlage light, die preiswerte Alternative zur automatischen Drucksteurung bei Nutzung des traktoreigenen Kompressors (Foto: Rottmann Automation)

Pferdehalter, die Landwirte, Lohnunternehmen oder Maschinenringe für gelegentliche Arbeiten beauftragen, sollten auf eine Reifendruckreduzierung auf ihren Flächen bestehen und auch die Einhaltung überprüfen. Und wenn der Fahrer aussteigen und die vier Reifen einzeln reduzieren muss, ist das durchaus zumutbar. In der Regel sollte der Reifendruck bei der Arbeit auf dem Boden nicht mehr als 1 bar betragen. Auf der Straße kann der Fahrer dann ja wieder mit 1,5 – 2 bar fahren.

Das sind die möglichen Vorteile einer Reifendruckreduzierung auf dem Acker/ Grünland:

  • ca. 100% größere  Aufstandsfläche und somit 50% geringerer Bodendruck
  • ca. 15% Schlupfreduzierung
  • ca. 15% Kraftstoffersparnis im Feld und 5% auf der Straße
  • ca. 20% Zugleistungssteigerung und 10% Flächenleistungssteigerung
  • ca. 20% Reifenverschleißreduzierung

Strategien: Dauergrünland erhalten und pflegen

Pferde und Klima im Fokus

Obwohl das Dauergrünland von Menschenhand in Mitteleuropa geschaffen und unterhalten werden muss, hat es sich im Laufe von mehreren tausend Jahren zu einem wertvollen Biotop entwickelt. Flora und Fauna haben sich an den vom Menschen stark beeinflussten Landschaftstyp angepasst. Viele Arten haben sich so exakt auf das Dauergrünland und die damit verbundenen mechanischen Eingriffe des Menschen angepasst, dass sie komplett darauf angewiesen sind.

Das Dauergrünland ist die Heimat vieler tausend Arten und damit biologisch vielfältiger als der Wald. Auch in seiner biologischen Produktivität schafft es das Dauergrünland vor den Wald. Damit ist das Dauergrünland wichtig für den Naturschutz.

Dauergrünland hat eine wichtige Funktion in der Pferdehaltung. Ohne Dauergrünland werden die Pferde nicht mit ausreichend Grundfutter versorgt und nicht tiergerecht, der Art entsprechend (Steppentier, Lauftier, Herdentier, usw.) gehalten. Die Verfütterung von Kraftfutter anstelle von Grundfutter (Gras, Silage, Heu, Stroh) ist nicht nur überflüssig, sondern auch nicht tiergerecht. Ein Großteil der Pferde in Europa leidet unter erheblicher Fettleibigkeit und Dauerstress. Eine tiergerechte Pferdehaltung erfordert ein Maximum an Weidehaltung. Lediglich aus klimatischen Gegebenheiten, zum Schutze des Bodens, ist eine Haltung in Einzelboxen überhaupt noch vertretbar. Das Grünland garantiert bei fachgerechtem Grünlandmanagement die tiergerechte Pferdehaltung entsprechend ihren genetisch festgelegten Bedürfnissen nach Fressen, Sozialverhalten, Ruhephasen, Bewegung. Können Pferden diesen Bedürfnissen nicht nachkommen, reagieren sie mit Verhaltensstörungen und/oder pathologischen Veränderungen.

Wer Pferde tiergerecht halten will, muss über eine erhebliche Sachkunde und ausreichend große Dauergrünland- und Paddockflächen verfügen. Mindestvoraussetzungen werden in den Leitlinien Pferdehaltung des Landwirtschaftsministeriums genannt und haben Richtwertcharakter. Zur Interpretation der Werte aus den Leitlinien: Die Leitlinien beschreiben die Grenze zur Tierschutzrelevanz. Sachverständige und Richter halten sich in aller Regel an diese Grenzwerte. Ein Mangel an Flächen rechtfertigt keine Überbelegung mit Pferden. Auch Massentierhaltung bei Pferden, nicht nur in der Schweinemast, schädigt die Tiere und belastet die Umwelt.

Dauergrünlandflächen begrenzen die Anzahl der gehaltenen Pferde.

Dauergrünland ist nicht nur für Pferde da. Es hat vielfältige Funktionen in der Landwirtschaft, ist Lebensraum für zahlreiche Tiere und Pflanzen, Freizeit- und Erholungsraum für die Menschen und wirkt ausgesprochen landschaftsprägend. In den letzten Jahren ist das Dauergrünland sehr stark unter Druck geraten. Es wurde vielerorts umgebrochen für Verkehrsprojekte, Wohngebiete, Industrieflächen sowie Ackerschläge. Nicht selten sind die landschaftsprägenden Grünlandflächen in Maiskulturen umgewandelt worden. Das Grünland wird weniger und hat heute schon den Status „schützenswert“. Mit dem Grünland verschwinden zahlreiche Tier- und Pflanzenarten: Rund 40% aller in Deutschland gelisteten gefährdeten Pflanzenarten haben ihren Lebensraum im Dauergrünland. Mit der Verringerung der Arten ist die Biodiversität unseres Lebensraumes deutlich verringert.

Daten : Umweltbundesamt u. Schmidt 1979

Dauergrünland ist mittlerweile schützenswert und förderungswürdig

Nicht nur die zahlenmäßig verringerte Dauergrünlandfläche schafft vermehrt Probleme. Durch die abnehmende Dauergrünlandflächen in Deutschland werden die verbleibenden, geringer werdenden Flächen wesentlich intensiver bewirtschaftet, um den Ertragsrückgang ausgleichen zu können. Intensivierung bedeutet: Mehr Wachstumsdünger, schnell wachsende Gräser, wenig Wurzelmasse, Grasmonokulturen, Ackergrasbestände, höherer Pflanzenschutzeinsatz, Optimierung der Flächen durch Nutzung der Randstreifen, usw.. Für Pferde ist derartiges Grünland bzw. Futterkonserven von diesen Flächen nicht mehr tiergerecht, es ist zu eiweißhaltig, besitzt zu viel Energie und zu hohe Wassergehalte bei zu geringem Rohfasergehalt.

Am Beispiel Niedersachsen: Die Anzahl der Pferde steigt stark an, die Grünlandflächen verringern sich deutlich..

Dabei ist das Dauergrünland so wichtig für die Böden und einen wirksamen Klimaschutz

Das Dauergrünland leistet, besser noch als der Wald, einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz, denn durch seine hohe unterirdische Organische Masse (lebende und abgestorbene Wurzeln) speichert der Grünlandboden Kohlenstoffdioxid (CO2), reduziert also den Kohlenstoffdioxidgehalt der Atmosphäre. Zusätzlich kann Dauergrünland die Folgen des Klimawandels kompensieren helfen, indem Wasser im Boden gespeichert, Boden vor Erosion geschützt und die steigenden Temperaturen abgepuffert werden.

Wer Dauergrünland umbricht, sei es zur Sanierung oder zur Umnutzung, belastet die Natur sehr stark mit Nitrat (NO3), Lachgas (N2O) und Kohlenstoffdioxid (CO2). Dieses sind exakt die „Klimakiller“, die für den fortschreitenden, deutlichen Klimawandel verantwortlich sind.

Die Begrenzung des Klimawandels gelingt Pferdehaltern*innen nur, wenn sie die Anzahl ihrer Pferde an die vorhandene Grünlandflächen koppeln* und gleichzeitig einen umfassenden Dauergrünlandschutz betreiben. Dann, nur dann, ist Pferdehaltung nachhaltig: tiergerecht, klimaneutral, sozial und ökologisch verantwortbar.

*Als Faustzahl kann gelten: Je Pferd und Jahr wird 1 Hektar (10.000 m2) Dauergrünland benötigt ( Weide und Winterheu).

Strategien: Grünlandumbruch – No-Go!

Grundlagen zur nachhaltigen Grünlandpflege durch Nachsaat anstelle des klimaschädlichen Narbenumbruchs

Landwirtschaftlich genutzte Böden bestehen aus Humus (= Organische Masse) und Mineralboden (= Mineralische Masse).

Pferdeweiden müssen gepflegt werden. Nur so bleiben sie für die Pferde und die Umwelt wertvolles Dauergrünland.

Zur Erinnerung: Organische Masse (Blätter, Pflanzenleichen, Wurzeln, Mist, Gülle, Stroh, usw.) ist nicht pflanzenverfügbar. Die Wurzeln der lebenden Pflanzen können Humus nicht aufnehmen und die im Humus enthaltenen Nährstoffe deshalb nicht verwerten. Erst wenn das Bodenleben (Bakterien, Viren, Pilze, Regenwürmer, Tausendfüssler, usw.) die Organische Masse in Mineralische Masse umgewandelt hat, können die Pflanzen die Nährstoffe aufnehmen und verwerten. Natürlich brauchen Lebewesen, also auch das Bodenleben, eine lebenswerte Umgebung mit Sauerstoff, Feuchtigkeit und Wärme. Je besser die Lebensbedingungen für das Bodenleben, und dazu gehört auch das ausreichende „Futterangebot“ mit Humus, desto höher ist die Umwandlung von Humus in Mineralische Masse. Einfach ausgedrückt: Das Bodenleben ernährt sich vom Humus und scheidet mineralische Nährstoffe aus. Je mehr Mineralisierung, desto besser werden die Pflanzen ernährt. Nehmen die auf der Fläche wachsenden Pflanzen wegen Überversorgung die Mineralische Masse nicht auf, sackt diese mit dem Regenwasser in Richtung Grundwasser. Das gilt besonders für Stickstoff und Magnesium. Andere mineralischen Nährstoffe sind nicht so stark auswaschungsgefährdet.

Organische Masse (nicht pflanzenverfügbar)—->
Bodenleben ernährt sich und wandelt um
Mineralische Masse (pflanzenverfügbar)
z.B. Eiweiß (Protein)—->
Bodenleben ernährt sich und wandelt um
Stickstoff (Nitrat NO3, Ammonium NH4)
Eiweißreiche Pflanzenreste (Humus) werden vom Bodenleben „gefressen“. Ausgeschieden wird mineralisches Eiweiß (Stickstoff in Form von Nitrat und Ammonium). Die Pflanze nutzt den mineralischen Nährstoff Stickstoff z.B. für ihr Wachstum und bildet Blätter. Sie enthalten dann wieder organisches Eiweiß. Der Kreislauf beginnt wieder bei den eiweißreichen Pflanzenresten.

Grünlandböden haben wesentlich mehr Humusanteile als Ackerböden.

GrünlandbodenAckerboden
30 – 80 dt/ha/p.a. Organische Trockenmasse5 – 30 dt/ha/p.a. Organische Trockenmasse
1 dt = Dezitonne = 1/10 Tonne = 100 kg ; 1 Hektar = 1 HektoAr = 100 Ar = 10.000 m2

Der Humusabbau beim Dauergrünland durch Mineralisierung ist unter landwirtschaftlicher Nutzung, auch der Pferdehaltung, schneller (2 – 4 Jahre) als der Humusaufbau. Im Durchschnitt werden 1 – 5% der Organische Masse des Bodens im Jahr minimalisiert. Um den Humusgehalt konstant halten zu können, muss deshalb als Ausgleich ebenfalls 1 – 5% Organische Masse pro Jahr dem Boden wieder zugeführt werden (Stroh, Gülle, Mist, Mulch, Kompost, usw.). Durchschnittszahlen veranschaulichen die notwendigen Massen: 1 dt – 4 dt (100 kg – 400 kg) Organische Trockenmasse je Hektar (10.000 m2) müssen dem Boden jedes Jahr zugeführt werden, um den Anteil der Organischen Masse im Boden zu erhalten . Das entspricht etwa 100 dt Rindermist je Hektar. Gleichzeitig ist mit dieser Menge auch die durch die Pflanzen entzogene Stickstoffmenge dem Boden wieder zugeführt.

Warum ist der Nährstoffkreislauf Organische Masse -> Mineralische Masse -> Organische Masse defizitär?

Dafür gibt es mehrere Gründe: Zunächst einmal fressen die Pferde Gras (Organische Masse). Einen Teil scheiden sie wieder mit den Pferdeäpfeln aus, haben allerdings vorher Nährstoffe für sich selber verbraucht, wie Eiweiß zum Muskelaufbau und Zucker und Stärke zur Bewegung und Heizung. Wenn dann der Pferdeapfel in den Boden gelangt, nutzt zunächst das Bodenleben die ausgeschiedenen, restlichen Nährstoffe zur eigenen Ernährung, Bewegung und Heizung. Der Energiebedarf des aktiven Bodenleben ist deshalb nicht zu vernachlässigen, denn bei der Umwandlung von organischer zu mineralischer Masse entstehen z.T. hohe Temperaturen, die durchaus 70°C erreichen können und nicht selten zur Selbstentzündung führen. Aschenester in Heuballen dokumentieren einen stattgefunden Schwelbrand in dem Ballen, dem aber glücklicherweise der Sauerstoff ausging. Wäre dieser Ballen während des Schwelbrandes geöffnet worden und Sauerstoff eingedrungen, hätte der zugeführte Sauerstoff ein Feuer entfacht.

Übrigens: Nach diesem Prinzip heizt ein Pferd seinen Körper und übersteht locker den harten Winter in der Steppe. Diese „Heizung“ funktioniert allerdings nur auskömmlich, wenn genügend Grundfutter (Heu, Stroh, Gras, Silage) gefüttert wird ( 2 -2,5 kg Raufutter/ 100 kg Lebensmasse). Erst dann befindet sich genügend organische Masse („Futter“) für die Verdauungsbakterien in den Dickdärmen, um genügend Wärme zu produzieren und das Pferd ausreichend zu erwärmen. Also: Heu statt Decke!

Dauergrünland hat teilweise die selbe Menge Organische Masse unterirdisch als auch überirdisch. Gräser, die besonders trocken- und kälteunempfindlich sind, wie z.B. das Federgras, aber sogar mehr Organische Masse unterirdisch als überirdisch. Etwa 80% – 90% der Pflanzenwurzeln werden jährlich im Grünland erneuert. Die abgestorbenen Wurzeln erhöhen den Humusgehalt des Bodens und ernähren das Bodenleben.

Das Dauergrünland trägt nicht unerheblich zur Kohlenstoffreduzierung in der Atmosphäre bei, denn der Grünlandboden hält hohe Kohlenstoffdioxidmengen (humifizierte Wurzeln) im Boden und verhindert die Abgabe des gasförmigen Kohlenstoffs (Kohlenstoffdioxid CO2) in die Atmosphäre. Da das gasförmige Kohlenstoffdixid (CO2) ganz wesentlich als Treibhausgas am Klimawandel beteiligt ist, kann das Dauergrünland, ebenso wie der Wald, einen wesentlichen Beitrag zur Vermeidung klimaschädlicher Gase in der Atmosphäre beitragen.

Weil Dauergrünland große Mengen Kohlenstoff im Boden bindet (gebundenes CO2), sinkt der Kohlenstoffgasgehalt (CO2) der Atmosphäre, bzw. steigt nicht so stark an.

Mehr Infos zu dem komplexen Vorgängen findest Du hier

Dauergrünland spielt eine wichtige Rolle bei der Bewältigung des menschengemachten Klimawandels.

Immer wieder wird propagiert, das Grünland zur Sanierung umzupflügen (umzubrechen) und neu anzusäen. Teilweise wird der Umbruch des Dauergrünlandes standardmäßig alle 7 – 10 Jahre vorgeschlagen. Vor dem Grünlandumbruch muss dringend gewarnt werden, denn mit dem Belüften (Sauerstoffzuführung) und der Erwärmung des umgebrochenen Bodens vermehrt sich das Bodenleben explosionsartig. Es findet reichlich die im Boden gebundenen Kohlenstoffe (humifizierte Wurzelreste), nimmt sie massenhaft auf und scheidet entsprechend große Mengen mineralische Masse wieder aus. Die dabei entstehenden mineralischen Stickstoffmengen sind übermäßig hoch und können von den wenigen Pflanzen der zerstörten Grünlandnarbe gar nicht restlos aufgenommen werden. Die Überschüsse gehen mit dem Regen in Richtung Grundwasser und reichern dieses mit Nitrat an. Bei einem Grünlandumbruch versichern durchschnittlich 5 t Nitrat je Hektar in das Grundwasser. Die Bakterien atmen, wie alle Lebewesen, Sauerstoff ein und Kohlendioxid aus. Da sich die Bakterien derartig rasant vermehren konnten, werden ungewöhnlich große Mengen klimaschädliche Gase, wie Kohlenoxid-, Methan- und Lachgas, frei und gelangen in die Atmosphäre. Der Treibhauseffekt durch die Klimagase nimmt zu, der Klimawandel verstärkt sich.

Neben der schädlichen Belastung des Grundwassers mit Nitrat und der Anreicherung der Atmosphäre mit dem klimaschädlichem Lachgas (N2O) und Kohlendioxidgas (CO2), ist auch aus praktischer Sicht ein Grünlandumbruch nicht zielführend, denn die neu eingesäte Fläche ist erst nach frühestens 3, meist aber erst nach 5 Jahren überhaupt trittfest genug für die Pferdehaltung. In dieser Übergangszeit eignet sich die Fläche lediglich zur Heuproduktion. Kurz und knapp: Das Grünland wird erst in etwa 5 Jahren zur Weide. Auch ist das Risiko relativ groß, dass ein teurer Umbruch und die Neuaussaat nicht zum gewünschten Erfolg führen. Verantwortlich für das nicht kalkulierbare, hohe Risiko sind unter anderem das Klima, die Saatgutwahl, die Saatgutqualität, die Saatgutzusammensetzung, Aussaatzeitpunkt, Fachkenntnis, Sorgfalt der ausgeführten Arbeitsgänge, usw.. Merke: Nicht jeder Grünlandsanierung durch Umbruch wird gelingen.

Die Zerstörung der alten Narbe durch einen Grünlandumbruch hat neben den schädlichen Auswirkungen auf das Klima und das Grundwasser viele ernstzunehmende Nachteile für die Qualität des Pferdegrünlandes:

  • Direkt nach dem Umbruch zunächst starke Bodenlockerung und Bodenbelüftung
  • extrem schneller Abbau der Organischen Masse durch das Bodenleben
  • Bodenleben steigt rasant, explosionsartig an
  • Anstieg des Bodenlebens führt zur erhöhten Reduzierung der Organischen Masse
  • Mit der Reduzierung der Organischen Masse nimmt das Bodenleben wieder deutlich ab
  • Bodenkrümelung (Bodenkolloide) wird zerstört
  • Bodenporen werden kleiner
  • Stauwasser, Wasser verdunstet oberflächlich und steht den Pflanzen nicht zur Verfügung
  • Erosion durch Wasser und Wind
  • Boden verdichtet sich
  • Unterboden bekommt weniger Wasser durchgeleitet
  • Bodenleben immer stärker nimmt ab
  • Ausgebrachte Grünlandsaat wurzelt schlecht und weniger tief und findet schwer Wasseranschluss

Der Grünlandumbruch ist aus Sicht des Klimaschutzes und des Grundwasserschutzes eine wirkliche Katastrophe. Pferdehalter haben deshalb die Verpflichtung, das Pferdegrünland so zu pflegen, dass es dauerhaft Dauergrünland ist und bleibt. Nur dann ist die Pferdehaltung weitgehend klimaneutral. Da auch das Bundesverfassungsgericht die rasche und verbindliche Entwicklung von Deutschland zur Klimaneutralität einfordert, werden sich Pferdehalter in gar nicht ferner Zeit fragen lassen müssen, wie sie zur Klimaneutralität beitragen. Wenn diese Antworten nicht stichhaltig ausfallen, könnte die Akzeptanz der Bevölkerung mit der Pferdehaltung, ähnlich wie derzeit mit der Massentierhaltung, verloren gehen.

Methode der Wahl ist die Vermeidung des Grünlandumbruches durch geschickte Grünlandverbesserung:

Bodenprobe – Nährstoffbalancierung – Humuseintrag -oberflächliche Bodenbearbeitung und Einbringung von Saatgut (Schlitzsaat bzw. Striegelsaat) erwünschter Gräser und Kräuter in die alte Narbe: Anstelle eines Umbruches wird die Narbe nur bearbeitet. Bei der Auswahl des Saatgutes sollten sich Pferdehalter gut informieren und die ortstypischen Gräser und Kräuter bestimmen. Das gelingt besonders gut auf Randstreifen und wenig intensivierten Grünlandflächen. Nichtregionales Saatgut, das nicht an einen bestimmten Standort (Boden, Klima, Höhenlage, usw.) angepasst ist, stellt sich nach kurzer Zeit schon als absolute Fehlinvestition dar. Bei der Reparatursaat sollten besonders trockenheitstolerante, lokale Sorte ausgewählt werden. Mehr erfahrt Ihr hier. Auf Weidelgras sollte im Regelfall komplett verzichtet werden. Hilfreich vor der Saat ist ein scharfes Striegeln der Fläche zur Entfernung des Grasfilzes und danach die anschließende Saat im Strichabstand von ca. 4 – 7 cm und einer Tiefe von 2 cm. Zum Einsatz bei der Reparatursaat kommt die Technik Schlitzsaat ( Schlitze (Saatrillen) oder Perforationen (ca. 500 Saatlöcher je Quadratmeter) oder die Striegelsaat mit der Zinkensaattechnik. Bei der Reparatursaat sind ca. 12 kg Saatgut je Hektar (10.000m2) einzuplanen und preislich zu kalkulieren. Großzügige Kalkulation sollte vermieden werden, denn Saatgut ist relativ teuer. Eine Stickstoffdüngung zur Aussaat ist in aller Regel nicht notwendig und auch kontraindiziert, denn dann wurzeln die keimenden Gräser nicht tief genug und finden nur schwer Wasser- und Nährstoffanschluss.

Dabei muss allen Pferdehaltern klar sein, dass das biologisch so wertvolle Dauergrünland, bis auf wenige Ausnahmen, in Deutschland immer anthropogen beeinflusst ist und einer ständigen Pflege bedarf: Die Weidepflege. Ohne diese gibt es kein Dauergrünland in Deutschland, auch nicht für unsere Pferde. Laissez faire beim Grünland wird weder unserer Landschaft, unseren Pferden noch der Umwelt gerecht. Umso mehr in Zeiten des fortschreitenden Klimawandels.

Tipp zur Jahreszeit der Reparatursaat

Der günstigste Zeitpunkt für eine notwendige Reparatursaat ist der Spätsommer, Mitte August bis Mitte September. Das sind Gründe für eine Grünlandsanierung im Frühherbst:

  • günstige Feuchtigkeitsgehalte des Bodens,
  • Tauwasser verhindert Trockenschäden,
  • gemäßigte Temperaturen sowie
  • relativ wenig Konkurrenzdruck durch die Altnarbe und Verminderung des Verkrautungsproblem .

Diese günstigen Faktoren erhöhen die Chance einer erfolgreichen Grünlandsanierung.

Achtung: Ein Grünlandumbruch ist mittlerweile (auch für private Pferdehalter!) verboten und nur noch erlaubt, wenn die Untere Naturschutzbehörde dazu die Erlaubnis erteilt. Erst dann (!) darf die vorhandene Grünlandnarbe zerstört werden. Einige Bundesländer, so z.B. Niedersachsen, haben noch schärfere Auflagen, die auch von den Pferdehaltern einzuhalten sind. In Niedersachsen ist der Narbenumbruch erosionsgefährdeter Hänge, Überschwemmungsgebiete und Moore >30% Organische Masse ausnahmslos verboten. Liegt keine Genehmigung für einen Grünlandumbruch vor, drohen hohe Bußgelder.

Wer nachhaltig Pferde halten will, muss sich auch mit dem Grünlandmanagement auseinandersetzen.