Die Sommermonate Juni, Juli und August 2024 haben im globalen Durchschnitt nach Auskunft des EU- Klimadienstes Copernicus alle bisherigen Rekorde gebrochen: 0,63 Grad Celsius über den vergleichbaren Werten der Rekordwerte 1991 – 2020.
In Europa riss der Sommer 2024 die +1,5°C- Zielmarke: europäisches Festland +1,54°C und der zweitwärmste August seit der Aufzeichnungen.
Typisch, so die Wissenschaftler des EU Klimadienstes Copernicus, sind die großen Hitzeperioden mit den begleitenden, temperaturbezogenen Extremwetterperioden. Diese unvermeidbaren Wetterextreme mit Starkregen, Tornados, heftigen Gewittern werden und sind schon unsere ständigen Begleiter, auf die wir uns nur noch so gut als möglich vorbereiten müssen.
Die immer rasanter steigenden Höchstwerte machen wahrscheinlich, dass das gesamte Jahr 2024 das wärmste seit der Aufzeichnungen werden könnte.
Der EU- Klimadienst Copernicus, so ihre stellvertretende Direktorin Burgess, ruft alle Menschen dazu auf, zur Senkung der Treibhausgasemissionen beizutragen. Nur so können Dürren und die hitzetypischen Wetterextreme mit verheerenden, teils lebensbedrohenden Folgen für uns Menschen begrenzt werden. Verhindern können wir sie nicht mehr. Prävention ist die einzige Möglichkeit die Schäden durch den Klimawandel so gering als möglich zu halten.
Mittlerweile sollte es sich bis in den letzten Pferdestall herumgesprochen haben: Der Klimawandel ist da und es ist höchste Eisenbahn, die Futterproduktion mit geeigneten Massnahmen klimaresilient aufzustellen.
Um sich erfolgreich an das gewandelte Klima anpassen zu können, bedarf es zunächst einer Analyse seriöser, wissenschaftlich abgesicherter Beobachtungen. Auf folgende Entwicklungen müssen sich vorausschauende Pferdehalter*innen einstellen:
Milde, wenig frostige Winter
Hohe Niederschlagsmengen im Winter, wenn Schnee, dann viel und nass
Deutlich erhöhte Jahresniederschlagsmengen
Früherer Vegetationsbeginn, längere Vegetationsperiode bis in den Spätherbst
Heiße Sommer mit Unwetterpotential wie z.B. Starkregen, Hagel, Sturm, Gewitter.
Besonders durch die deutliche Erwärmung der Meere auf der gesamten Erdkugel, aber auch in Nord- und Ostsee, kann die wärmere Meeresluft deutlich mehr Wasser aufnehmen. Prallt diese feuchte, wassergesättigte Luft auf Festland, steigt sie in die Höhe und kühlt durch die in der Höhe abnehmende Temperatur ab. Damit verliert die ehemals warme Luft einen erheblichen Teil seiner Wasserspeicherkapazität. Es regnet teils unwetterartig. Und das meist länger als früher, weil die Geschwindigkeit des Jetstreams für das sog. Standwetter sorgt. Um es klar zu sagen: Im Winter bleibt es immer öfter frost- und schneefrei mit der Wahrscheinlichkeit langanhaltendem und sehr ergiebigen Regen. Verstärkt wird die Situation noch durch die höheren Amplituden des langsamer strömenden Jetstream, der selbst im Winter noch recht heisse, trockene Wüstenluft aus Afrika über das Mittelmehr schickt. Diese trockene und warme Luft kann dann auf dem warmen Meer sehr viel Wasser aufnehmen und diese feuchtwarm gewordene Luft prallt dann auf die Alpen und regnet ab. Kurz gesagt: Feuchtigkeit ist der Energieträger in der Luft. Gleich ob die Luft von Süden über das Mittelmeer oder vom warmen Atlantik aus Westen kommt, die großen Regenmengen kommen entweder in den Alpen oder in Westdeutschland an und bringen massivste Regenmengen. Wärme und Feuchtigkeit in der Luft ist immer energiergeladen und somit ein erhöhtes Risiko für Wetterextreme.
Hintergrundwissen:
Heiße Luft und ca. 30°C Wassertemperatur, wie im Sommer in der Mittelmeerregion üblich, enthält max. 30g Wasser je m3 Luft. Prallt diese feuchte Luft auf Festland und steigt, wird sie in größerer Höhe kälter. So z.B. 0°C. Diese kalte Luft kann aber nur noch max. 5 g Wasser je m3 Luft halten. Die Folge: Aus der Luft fallen in diesem Beispiel 25g Wasser je m3. Bei 80%iger Luftfeuchte muss die maximale Wassermenge mal 0,8 gerechnet werden, also 24g Wasser je m3 bzw. 4g Wasser je m3. Mehr Infos, die auch für das Stallklima wertvolle Infos bietet: hier .
Lufttemperatur
max. mögliche Wasserdampf-konzentration der Luft
90% der maximal möglichen Wasserdampf-konzentration der Luft
60% der maximal möglichen Wasserdampf-konzentration der Luft
°C
100% rel. Luftfeuchte (g/m3)
90% rel. Luftfeuchte (g/m3)
60% rel. Luftfeuchte (g/m3)
0
4,8
4,3
2,9
5
6,8
6,1
4,1
10
9,4
8,5
5,6
15
12,8
11,5
7,7
20
17,3
15,6
10,4
25
23
20,7
13,8
30
30,3
27,3
18,2
35
39,5
35,6
23,7
40
51
46
30,6
*Zahlen nach einer Kommastelle gerundet **Je nach tatsächlich gemessener relativen Luftfeuchte und Temperatur wird der max. mögliche Wasserdampfgehalt mit dem Faktor 0,9 bei 90% rel. Luftfeuchte, 0,8 bei 80% rel. Luftfeuchte, 0,7 bei 70% rel. Luftfeuchte, usw. multipliziert.
Das Frühjahr beginnt meist schon ein- bis zwei Wochen eher als bisher gewohnt und in der Ausbildung gelernt. Auch die Vegetationsperiode verändert sich und sie wird deutlich länger. An sich eine gute Sache, denn die Pferde können eher und länger auf das Grünland und somit auch früher und länger das preiswerte Gras anstelle der teureren Futterkonserven fressen. Könnten, denn durch die starken Regenmengen ist das Gras zwar genügend gewachsen, aber das Grünland sehr oft nicht trittfest genug.
Da die Sommer immer höhere Temperaturen bereithalten, kann, je nach Lage, das Graswachstum im Hochsommer so reduziert sein, dass die Grünlandfläche des Betriebes nicht mehr ausreicht, um genügend Flächen zum Umweiden zur Verfügung stellen zu können, bzw. ein zweiter Schnitt in den Sommermonaten ausfallen muss. Diese Sommerfutterlücke kann nicht komplett durch die verlängerte Vegetationsperiode im Herbst aufgefangen werden, weil die deutlich verringerte Tageslichtlänge im Spätsommer/ Herbst nur noch für einen geringeren Grünlandertrag verantwortlich ist.
Um im Sommer einen maximal möglichen Grünlandertrag so gut als möglich in den Zeiten des Klimawandels zu erhalten, ist die Artenvielfalt von Gräsern und Kräutern auf Dauergrünlandflächen zu erhöhen. Wissenschaftlich bewiesen ist, dass mit jeder neuen Art im Dauergrünland der Ertrag signifikant steigt. In Schleswig- Holstein, so berichtet die Landwirtschaftskammer Niedersachsen, steigerte sich je Hinzugabe einer Art in der Aussaatmischung der Grünlandertrag in den Sommermonaten zwischen 18 und 27 dt Trockenmasse/Hektar. Diese Faustformel, Mehr Arten bedeutet mehr Ertrag, gilt allerdings nur, wenn die zusätzlichen Arten Tiefwurzler, wie z.B. Wiesenschwingel, Wiesenlieschgras, Wiesenrispe, Wioesenschweidel, Rohrschwingel, Rotschwingel, sind. Artenreiche, tiefwurzelnde Reparatursaatmischungen können die Sommerdepression des Dauergrünlandes deutlich mindern. Viele Landwirtschaftskammern bzw. Landwirtschaftsämter in Deutschland bieten für genau diesen Zweck geprüfte und an die Region angepasste Saatmischungen an.
Durch die häufiger auftretenden Extremwetterereignisse wird die Befahrbarkeit der Grünlandflächen auf vielen Standorten immer problematischer. Das gilt hinsichtlich der Schäden durch Bodenverdichtungen als auch der Ernte durch Kontamination mit Erde. Auch in dieser Hinsicht sind Strategien zur Bodenschonung absolut notwendig.
To – do – Liste: Resilienz gegenüber dem Klimawandel:
Neue Kalkulation Pferdebestand/Grünlandfläche
Neue Berechnung Futtergewinnung/ Futterlagerung je Pferd
Erhalt, besser nochAusweitung der Dauergrünlandflächen
Planung Reparatursaat
Grünland- Saatgutmischungen anpassen
Suche nach artenreicherer, tiefwurzelnder Grünlandmischung
Indikator „Trittfestigkeit des Grünlandes“ erstellen
Mistlagerungsplatz wegen Gewässer- und Bodeneintrag neu bewerten
Jahresplanung Grünlandmanagement überarbeiten
Alte Bauernregeln und Erfahrungsberichte von älteren Kollegen stimmen nicht mehr
Tragfähigkeit von Hallen besonders bei hohen, nassen Schneelasten neu bewerten
…
* Dieser Beitrag beschäftigt sich nicht mit wichtigen, weitergehenden Maßnahmen, wie Düngung, Kraftstoffeinsatz, Heizung, Energieverbrauch, Vermeidung von Einwegmaterial, Abfalllogistik, usw..
Diese Liste zeigt lediglich die mögliche Komplexität zum Erreichen der Klimaveränderungsresilienz. Auf keinen Fall erhebt diese Liste den Anspruch vollständig und für jeden Betrieb passend zu sein. Dafür sind Standorte, Böden, Nutzungen, usw. viel zu individuell.