Braucht ein Pferd Kräuter und Kraftfutter?

Knochenfunde, hier aus der Bronzezeit, beweisen, dass das Pferd auch heute noch das Steppenpferd von vor 10.000 Jahren ist.

Der ursprüngliche Lebensraum unserer Pferde sind die großen zentralasiatischen Steppen. An diesen Lebensraum sind auch unsere heutigen Sportpferde immer noch optimal angepasst. Wer seine Pferde tiergerecht füttern will, der/die muss nur einen Blick in die großen Steppen in Zentralasien werfen.  Dort wächst alleinig das Steppengras, genauer das spätblühende Federgras mit dem lateinischen Namen Stipa ser. Capillatae. Diesem Süßgras sind im laufe ihrer Evolution die asiatischen Steppenpferde bis nach Afrika einerseits und nach Osteuropa andererseits gefolgt und bei uns heimisch geworden. Und die Pferde sind dem Steppengras nur gefolgt, weil sie sich mit diesem Futter besonders gut vermehren konnten, denn die Urwildpferde aus Asien sind an die Steppe perfekt angepasst.

Pferde sind seit weit über 10.000 Jahren auf die alleinige Aufnahme des Steppengrases angepasst. Kräuter und energiereiche Pflanzen (Hafer, Gerste, Mais, Sonnenblumen, usw.) wachsen in der nährstoffarmen, trockenen und sehr wetterbeeinflussten Region ( -30°C – +20°C, ständige Windstärke 5 – 8 ) nicht. Nur Steppengras.

.Die Thakis in der mongolischen Steppe, ihrem ursprünglichen Lebensraum. Unsere heutigen Pferde sind zwar äußerlich „moderner, sportlicher“ (Exterieur), das Interieur gleicht aber immer noch dem der Steppenpferde.

Die moderne Pferdezucht hat sich intensiv mit dem Exterieur (Aussehen) gekümmert, aber nie die Physiologie der Verdauung, Zähne und Kauapparat, der Atmung, das kardio- vaskuläre System, die Sinnesorgane, die Reflexe, usw. bearbeitet.

Mit diesem Wissen können sich alle Pferdehalter*innen folgende Fragen selber beantworten:

  1. Kräuterheu? Braucht das Pferd nicht.
  2. Kraftfutter? Braucht das Pferd nicht.
  3. Kräutermüsli? Braucht das Pferd nicht
  4. Brauchen Pferde viel Abwechslung beim Futter? Nein, nur Gras oder Heu. Das reichte 10.000 Jahre.
  5. Braucht das Pferd täglich Gras und Heu, mindestens 12-16 h am Tag und keine Fresspausen länger als 4 h? Exakt so ist es.

Strategien: Tiefwurzelnde Gräser

Alle bisherigen Klimaprognosen sagen voraus, dass der Jahresniederschlag auch im Klimawandel unverändert bleibt, allerdings wird sich die Verteilung ändern: Zunehmende Niederschläge im wärmeren Winterhalbjahr und abnehmende Niederschläge im zunehmend heißen, trockenen Sommerhalbjahr. Diese Klimaveränderung hat große Auswirkungen auf das Pferdegrünland. Hohe Erträge sind kaum noch zu erwarten. Das Futter für die Pferde wird knapper.

Die Grassorten des Pferdegrünlandes reagieren unterschiedlich auf Trockenstress. Besonders anfällig gegenüber der Sommerdürre ist das Weidelgras. Trockenheitstolerante Gräser sind auf vielen Standorten mittlerweile zu bevorzugen. Althergebrachte Ratschläge und nicht aktuelle Literatur sind nicht mehr empfehlenswert, sozusagen oldschool.

Standardgrasmischungen mit hohem Weidelgrasanteil sind im Zeichen des Klimawandels in Mitteleuropa auf vielen Flächen nicht mehr Stand der Technik.

Da der Ertrag durch die zunehmende Trockenheit abnehmen wird, muss folgerichtig die Düngung heruntergefahren und auch der Tierbesatz verringert werden. Darauf müssen sich Tierhalter einstellen.

Gräser mit hoher Toleranz gegenüber Frühjahrs- und Sommertrockenheit Eigenschaften
RohrschwingelFestuca arundinacea, robust, ertragreich, trockenresistent, tief wurzelnd, strukturbetontes Gras (Blatthärte), setzt sich in Grasmischungen besser durch als der sanftblättrige Rohrschwingel
Sanftblättriger Rohrschwingelbis zu 1 Meter tiefwurzelnd, da langsame Jugendentwicklung immer im August/ September aussähen, horstbildend, geringere Blatthärte
Wiesenschwingelweidefest, horstbildend
Knaulgrashorstbildend, robust, nutzungsunempfindlich
Lieschgras, Timothehorstbildend, Obergras, weidetest, strukturbetontes Gras
Wiesenschweidel, FestuloliumZüchtung aus Wiesenschwingel und Welschem Weidelgras, strukturbetontes Gras
Glatthafer, Französisches Raygrashorstbildend, beständig nur bei extensiver Beweidung, eher geeignet auf Dauerwiesen
FedergrasStipa pennata (Echtes Federgras) und Stipa capillata (Haar- Pfrimengras), horstbildend, als Steppengras hervorragend an Dürreperioden angepasst
Reihenfolge der Aufzählung ist zufällig, keine Bewertung. Einen Grünlandbestimmungsschlüsse findet Ihr unter MEDIEN

Die Landwirtschaftskammern Niedersachsen, NRW und SH empfehlen derzeit für Norddeutschland im Zuge des Klimawandels die aus ihrer Sicht besonders trockenheitstolerante Grasmischung GIV (Wiesenlieschgras, Knaulgras, Wiesenrispe und spätes Deutsches Weidelgras). Das LfL Bayern (Bayerisches Landesanstalt für Landwirtschaft) bietet eine entsprechend trockenheitstolerante Grasmischung für Süddeutschland an. Zur Zeit wird beim LfL auch an neueren, klimageeigneten Saatgutmischungen geforscht. Natürlich kann sich jeder Pferdehalter*in seine eigene Saatgutmischung erstellen bzw. einzelne Sorten zur Nachsaat einsetzen.