Strategien: Aus den Dürresommern lernen: SoLaWi

Die drei trockenen Jahrhundertsommer 2018, 2019 und 2020 haben es deutlich gemacht: Die Grundfutterversorgung der Pferde ist nicht selbstverständlich gesichert bzw. laufen die Preise dann aus dem Ruder. In vielen Regionen in Deutschland wird das Grundfutter knapp.

Manchmal ist es nicht so genau zu sagen, ob in einer bestimmten Region ein Grundfuttermangel besteht oder aber Landwirte ihr Grundfutter zurückhalten um ihr Vieh selber zu füttern oder auf höhere Preise zu spekulieren.

Grundfutter ist in der Pferdefütterung nicht zu ersetzen

Und dann berichten in letzter Zeit immer mehr Pferdehalter, dass ihr geliefertes Grundfutter nicht in der Qualität kommt, die Pferdehalter erwarten dürfen: Das Heu ist grau, staubig, zu tief geschnitten und mit Erde versetzt, zu stark gedüngt und mit Nitrat belastet oder sogar mit Schimmelnestern durchsetzt. Ihr kennt das.

In diesem Winter habt Ihr die Gelegenheit, dieses Grundfutterproblem vielleicht grundlegend für Euren Betrieb zu lösen. Eine Möglichkeit sollte Ihr kennen: SoLaWi. Hinter diesem Kürzel steckt Solidarische Landwirtschaft. Eine Kooperation zwischen Kunde und Landwirt, besser gesagt, eine Wirtschaftsgemeinschaft von Mitlandwirten (Ihr) und dem Landwirt/in.

Warum werdet Ihr Mitlandwirt? Ganz einfach, Ihr legt fest, welches Grundfutter Ihr in welcher Qualität (Schnittzeitpunkt, Düngung, Schnitthöhe, usw.) bekommen möchtet und kalkuliert den Preis zusammen mit dem Landwirt. Diesen gemeinsam kalkulierten Betrag bezahlt Ihr im Voraus in z.B. monatlichen Raten und bekommt dafür im Gegenzug die zugesagte Ernte.

Das ist eine Win-Win- Situation, denn Ihr bekommt das Grundfutter, das Ihr haben wollt und könnt auf die Produktionsbedingungen vertrauen (bio/konventionell, Konservierung, Lagerung, Lieferung, ….) und das auch Euren Kunden versprechen. Ein großer Vorteil für Eure Pferde und für Euren Betrieb, denn immer mehr Kunden legen in einer Zeit der industriellen Landwirtschaft Wert auf bäuerlich produziertes Grundfutter. Die Landwirte profitieren davon, dass ihre Produktion und Abnahme finanziell gesichert ist. Ihr bestimmt die Qualität Eures Grundfutters- Der Landwirt/in hat Planungssicherheit und wird finanziell so ausgestattet, dass er/sie auch noch in den nächsten Jahren Euch fair und regelmäßig beliefern kann.

Geiz mag für manche geil sein, ist aber auf keinen Fall nachhaltig.

Wer mehr wissen möchte, wie Ihr Euch die Ernte mit einem Landwirt/in teilen könnt, der findet hier ganz viele Infos

Infos

Basics: So war das Klima bisher

Um abschätzen zu können, ob es sich sich um ein normales Wettergeschehen oder um eine Extremsituation handelt, hilft der Vergleich mit den langjährigen Klimamittelwerten des Stationsmessnetzes des Deutschen Wetterdienstes (DWD) mit den selber dokumentierten Messwerten.

Wegen der Vielzahl der Wetterstationen des Deutschen Wetterdienstes finden regionale Besonderheiten eine ausreichende Beachtung. Durch den Vergleich mit den langjährigen Mittelwerten und der aktuellen Situation lassen sich erste Einschätzungen z.B. für Ernteprognosen machen. Anders ausgedrückt: Handelt es sich um ein trockenes oder feuchtes Frühjahr, ist der Sommer eher kühler oder zu heiß, ist mit einem zweiten Grasaufwuchs zu rechnen oder wird das Heu knapp?

Die Stationsmesswerte können für jeden Monat und für das gesamte Jahr hier heruntergeladen werden. Dokumentiert sind folgende Klimawerte:

  • Niederschlag (mm)
  • Sonnenscheindauer (h)
  • Temperatur (°C)
  • Eistage (Anzahl max. <0°C)
  • Frosttage (Anzahl min. > 0°)
  • Heiße Tage (Anzahl >= 30°C)
  • Sommertage (Anzahl >= 25°C)

Was kosten Futtermittel wirklich?

Knapper werdende Futtermittel durch vermehrt auftretende Extremwetterlagen wirken sich natürlich auch auf die Preise aus. Deshalb wird die ökonomische Betrachtung der Futtermittel immer wichtiger für den betrieblichen Erfolg. Üblicherweise werden Futtermittelpreise in der Landwirtschaft in Dezitonnen (dt) angegeben. Eine Dezitonne hat 100 kg.

Merke: 1 Tonne (t) = 10 Dezitonnen (dt) = 1.000 kg

Ich nenne Euch einmal mehrere Futtermittel und Ihr rangiert sie nach deren Preiswürdigeit:

  • Heu 18,00 €/dt
  • Futterhafer 19,00 €/dt
  • Qualitätshafer 20,00 €/dt
  • Körnermais 20,00 €/dt
  • Futtergerste 20,00 €/dt
  • Melasseschnitzel 25,00 €/dt
  • Sojaöl 45,00 €/dt

Wenn Ihr die Futtermittel nach ihrem dt- Preis, wie oben, geordnet habt, liegt Ihr leider falsch und solltet den Artikel weiterlesen.

Warum falsch?

Weil der tatsächliche Preis eines Futtermittels sich nicht am Ballen- bzw. Gebindepreis ausmachen lässt. Futtermittel sind am Abgabepreis weder zu beurteilen und deshalb auch nicht zu vergleichen. Die tatsächlichen Kosten sind nur zu ermitteln, wenn der Abgabepreis und der Nährstoffgehalt, wie der Energiegehalt, der Futtermittel in eine Relation gesetzt werden.

Wie ist das zu erklären?

Eigentlich ganz einfach: Was nützt das preiswerteste Angebot, wenn das Futtermittel wesentlich schneller verfüttert ist, um das Pferd satt zu bekommen?

Merke: Ein Futtermittel mit höherem Energiegehalt hält länger als ein Futtermittel mit niedrigem Energiegehalt.

Die im oberen Beispiel dargestellte Futtermittelliste ist nicht vollständig deklariert, um die Futtermittel nach ihrer Preiswürdigkeit korrekt zu rangieren. Es fehlt eine Angabe zu den Inhaltsstoffen und das sind in aller Regel die Energiegehalte.

Die Energiegehalte eines Futters für Pferde wird seit 2014 in Metabolische Energie des Pferdes (MEPferd) angegeben. Die Einheit der MEPferd ist MegaJoule (MJ). So benötigt z.B. ein ausgewachsenes, 600 kg schweres Warmblutpferd in Erhaltung 63 MJ pro Tag. Die gilt es jetzt täglich durch Futter aufzufüllen.

  • Futterhafer 19,00 €/dt, 9,5 MJ/kg, verursacht Energiekosten von 2,00 Cent/MJ
  • Qualitätshafer 20,00 €/dt, 10,5 MJ/kg, verursacht Energiekosten von 1,96 Cent/MJ
  • Körnermais 20,00 €/dt, 12,7 MJ/kg, verursacht Energiekosten von 1,57 Cent/MJ
  • Futtergerste 20,00 €/dt, 11,5 MJ/kg, verursacht Energiekosten von 1,74 Cent/MJ
  • Sojaöl 45,00 €/dt, 38 MJ/kg, verursacht Energiekosten von 1,18 Cent/MJ
  • Melasseschnitzel 25,00 €/dt, 10,6 MJ/kg, verursacht Energiekosten von 2,36 Cent/MJ
  • Heu 18,00 €/dt, MEPferd 6,7 MJ/kg, verursacht Energiekosten von 2,69 Cent/MJ

Also muss die Liste der preisgünstigsten Futtermittel, beginnend mit dem preiswürdigsten, in diesem Beispiel so geordnet werden:

  • Sojaöl
  • Körnermais
  • Futtergerste
  • Qualitätshafer
  • Futterhafer
  • Melkasseschnitzel
  • Heu

Hinweis: Das ist ein einfaches Rechenbeispiel, arbeitet mit möglichen Preisen und hat nichts mit gute/schlechte, notwendige/nicht notwendige Futtermittel zu tun. Wenn z.B. 8 kg Heu und 1 kg Qualitätshafer gefüttert werden, dann kostet die tägliche Ration 8 x 2,69 Cent und 1x 1,96 Cent.

Nun könnte ein Leser meinen, dieses alles hat nur mit Haarspalterei zu tun, in der Praxis aber völlig nutzlos und überflüssig. Ein Grosspferd mit 600 kg LM, hat in Erhaltung, im Jahr einen Energie- Bedarf von 22.680 MJ. Und diesen Bedarf gilt es zu decken. Mit der Kenntnis der Kosten eines MegaJoule- Energieeinheit können sehr rasch die Futterkosten ermittelt und optimiert werden.

Wie kommen Pferdehalter an seriöse und aktuelle Bedarfszahlen sowie unabhängige Inhaltsstoffe der einzelnen Futtermittel? Ganz einfach: Mit Hilfe einer Futterwerttabelle.

Ich habe eine einfache Futterwerttabelle zusammengestellt, die bereits die neuesten Versorgungsempfehlungen für Pferde nach den Bedarfsnormen der Gesellschaft für Ernährungsphysiologie (GFE) beinhaltet.Die gibt es bereits für kleines Geld (€ 4,99) beim Verlag, im stationären Buchhandel zu bestellen, in vielen Onlinebuchhandlungen und auch bei Amazon.

Tipp:

Vor und nach 2014 wurde mit unterschiedlichen Analysetechniken gearbeitet. Die veraltete Energieangabe „Verdauliche Energie“ vd.E ist höher als die neue Energieangabe MEPferd beide Energiewerte dürfen nicht vermischt werden. Zu Fehklern kann es leicht kommen, weil die neue und alte Energieanalyse ein Ergebnis in Megajoule hat, Dieser Hinweis ist besonders wichtig, weil viele Futtermittelfirmen ihre Futtermittel noch nach der alten Methode deklarieren. Vermischen Pferdehalter beide Systeme, passen Energiebedarf und Futtermittelgehalt nicht zusammen, es kommt zu gravierenden Fütterungsimbalancen!

Pferdehalter sollten nur Handelsfuttermittel kaufen, die die Energiegehalte in Metabolische Energie (MEPferd ) deklarieren.

Basics: Klimawandel: Was machen schon 1° bis 2° mehr?

In den letzten 10 Jahren ist die Durchschnittstemperatur um 1° angestiegen. In den nächsten, vor uns liegenden 10 Jahren wird die Durchschnittstemperatur noch einmal um mindestens 1° ansteigen. Da ist sich der Deutsche Wetterdienst (DWD) ganz sicher.

Was macht das schon? Ist doch kein großer Unterschied, ob es 20° oder 22° ist! So einfach ist das nicht. Das zeigt ein Rückblick auf die letzte Eiszeit.

Während der letzte Eiszeit reichte die Eisdecke etwa bis Bremervörde, also zwischen Hamburg und Hannover.

Als vor 20.000 Jahren die Mammuts lebten war die Hochzeit der letzten Eiszeit. Norddeutschland lag unter einer kilometerdicken Eisschicht und in Europa war es bitterkalt. Die damalige globale Durchschnittstemperatur lag 4° – 6° unter unserer heutigen Durchschnittstemperatur. 4° bis 6° mehr oder weniger machen den Unterschied zu unserem heutigen gemäßigten Klima und einer Eiszeit. Wenn man/frau das berücksichtigt, dann ist eine Durchschnitts- Temperatursteigerung von 1° und in zehn Jahren von 2° durchaus gravierend und ein ordentlicher Schritt in Richtung Wüste. In zehn Jahren ist damit zu rechnen, dass derzeit trockene Regionen, wie der Ostharz, das Odertal, Osthessen, das Erzgebirge, Brandenburg, Sachsen- Anhalt, Teile Rheinland- Pfalz, Teile des Donautals und Ost- Niedersachsen langsam aber sicher versteppen. Wer es nicht glaubt, kann sich die sterbenden Wälder ansehen, die wegen Wassermangels der Steppe beginnen Platz zu machen.

Es ist höchste Zeit, dass sich Pferdehalter mit dem Klimawandel beschäftigen und Strategien entwickeln, wie sie die Grundfutterversorgung ihrer Pferde garantieren wollen. Wie gut, dass es da den neuen Bd. 12 der Edition Pferdewirtprüfung -Pferdegrünland im Klimawandel- gibt, der Pferdehalter jenseits der Casinogespräche sachlich über den Klimawandel informiert, sich nur auf seriöse, belastbare Quellen, wie Deutschen Wetterdienst und Helmholtz- Gemeinschaft bezieht und Werkzeuge vorschlägt, die tagesaktuell und regional den Klimastatus benennen. Mit diesen Instrumenten kann die Grundfutterproduktion sicherer geplant werden und Betriebsleiter können so Strategien entwickeln und erproben, den Folgen des Klimawandels zu widerstehen und ihre Pferde mit ausreichend Grundfutter zu versorgen.

Auch die Pferdehaltung muss sich wirksame Ziele für eine nachhaltige Entwicklung setzen. Pensionspferdehalter können diese als Alleinstellungsmerkmal bei der Werbung für ihren Betrieb nutzen.

Der Klimawandel ist da: Pferdeheu wir knapp und teuer!

Immer öfter folgt einem trockenen Frühjahr mit Sommertemperaturen ein heißer Sommer mit langen Dürreperioden: Urlauber jubeln – Pferdehalter bekommen tiefe Sorgenfalten, denn bereits jetzt gibt es in vielen Regionen dramatischen Ertragseinbußen beim Pferdegrünland. Es fehlen teilweise 50% -70% der Grundfutterernte. Teilweise war die Dürre in den letzten Jahren so groß, dass vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft von einem „Ereignis von nationalem Ausmaß“ gesprochen wurde. Um in Zukunft die Versorgung unserer Pferde in Deutschland nicht nur bezahlen, sondern auch gewährleisten zu können, ist es höchste Zeit, sich mit dem Klimawandel ernsthaft zu beschäftigen, ihn zu bekämpfen und sich auf dessen Auswirkungen einzustellen. Es ist nicht mehr auszuschließen, dass in nur 10 – 20 Jahren nicht unerhebliche Teile Deutschlands waldfrei und versteppen werden. Das Waldsterben aus Wassermangel hat längst schon begonnen.

Dieses Buch hilft Pferdewirte*innen, Pferdewirtschaftsmeister*innen und allen Hobbypferdehaltern*innen gleichermaßen, sich mit Hilfe seriöser Quellen zu informieren, nennt Gefahren, aber auch Chancen der Pferdehaltung im Klimawandel und zeigt Strategien auf, sich den klimatischen Veränderungen anzupassen. 

Veröffentlicht wurde nicht nur ein wertvoller Ratgeber zu dem dringendsten Thema unserer Welt, er ist ebenfalls bestens zu verwenden in der Berufsaus- und -fortbildung, denn Nachhaltigkeit ist in den Lehrplänen der Berufsschulen und Ausbildungsordnungen beim Pferdewirt*in und Landwirt*innen als übergeordnetes Lernziel aufgeführt und prüfungsrelevant.

Das Buch unterstützt die „Transformation unserer Welt: Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ der Vereinten Nationen (UN): Für eine nachhaltige Pferdehaltung und dem notwendigen Klimaschutz!