Beobachtungen zum Klimawandel: Dürresommer 2022

Fehlende Niederschläge lassen Böden stark austrocknen

Dürre im Sommer 2022: Der Boden speist viele Bäche und Flüsse nicht mehr

Offenbach, 12. August 2022 – Seit Mai 2022 ließ deutlich zu trockene Witterung in Verbindung mit überdurchschnittlichen Temperaturen und Sonnenstunden die Böden stark austrocknen. Dabei nahm die Bodenfeuchte in Deutschland einen ähnlichen Verlauf wie im Dürrejahr 2018. Folglich verursachte die Trockenheit auch wieder zunehmende Auswirkungen auf die Landwirtschaft, wenngleich diese bisher noch nicht ganz so gravierend wie im Jahr 2018 sind. Außerdem herrschte häufig hohe Wald- und Graslandbrandgefahr. Das berichtet der Deutsche Wetterdienst (DWD) über die Auswirkungen der Witterung im bisherigen Sommer 2022.

Austrocknung begann bereits im Frühling
Nach einem großteils überdurchschnittlich nassen Winter waren die Startbedingungen in die Vegetationsperiode 2022 von der Bodenfeuchte her gut. Doch bereits der ungewöhnlich sonnige und niederschlagsarme März sorgte für eine deutlich unter das Mittel sinkende Bodenfeuchte. Im anfangs nasskalten April entspannte sich die Situation vorübergehend, ehe im trockenen und teils schon sommerlich warmen Mai eine zunehmend tieferreichende Austrocknung der Böden begann. Diese setzte sich über den Sommer hinweg mit wenigen Unterbrechungen bis zum jetzigen Zeitpunkt fort. Dabei nahm die Bodenfeuchte der obersten 60 cm im Deutschlandmittel schon seit Mitte April einen ähnlichen Verlauf wie 2018. Die negative Abweichung zum vieljährigen Mittel der Bodenfeuchte wurde in diesem Zeitraum immer größer. Im Monatsmittel für Mai 2022 lag die Bodenfeuchte für sandigen Lehmboden noch bei 58 Prozent nutzbarer Feldkapazität (% nFK) bei einem vieljährigen Mittel von 74 % nFK. Im Juli 2022 waren es nur noch 28 % nFK, das Mittel liegt bei 51 % nFK. Besonders stark trockneten die Böden im Osten und in den Beckenlagen des Südwestens aus, im äußersten Norden und Süden erreichte die Bodenfeuchte hingegen nicht ganz so niedrige Werte.

Der Boden ist teils bis in tiefe Wurzelbereiche komplett ausgetrocknet: Steppenklima in Deutschland

Auswirkungen auf die Pflanzen
Bereits ab Mai machten sich zunehmend Auswirkungen auf die Landwirtschaft und allgemein auf die Pflanzenwelt bemerkbar: Trockenheit und Wärme beeinträchtigten gebietsweise die Blüte und Kornentwicklung bei Getreide. Die kurze, aber extreme Hitze im Juni führte besonders bei Winterweizen zu Schädigungen. Hitze und Trockenheit bewirkten teils auch eine deutlich verfrühte Abreife des Getreides, die sogenannte Notreife. Für die früh reifende Wintergerste und den Raps mit seinem tiefreichenden Wurzelwerk reichte die aus dem Winter stammende Bodenfeuchte meist noch aus, so dass die Ernte teils sogar überdurchschnittlich ausfiel. Späte Getreidesorten wie Winterweizen wurden hingegen gebietsweise stark in Mitleidenschaft gezogen, so dass der Ertrag regional deutlich unter dem mehrjährigen Durchschnitt liegen dürfte. Die Ernte erfolgte rund eine Woche früher als üblich.
Ab Juli hatte die weiter zunehmende Trockenheit zwar kaum noch Auswirkungen auf Getreide, dafür umso mehr auf Mais und Zuckerrüben, deren Wasserbedarf im Laufe des Sommers deutlich ansteigt. Bei diesen Pflanzen wurden in den letzten Wochen immer deutlicher teils irreversible Schäden sichtbar. Inzwischen wird in einigen Regionen der erste Körnermais als Silomais gehäckselt, um wenigstens die Grünmasse noch retten zu können, denn der Kornertrag wäre erheblich zu niedrig. Auch Grünland verdorrte zusehends und wird seinem Namen vielerorts nicht mehr gerecht; gebietsweise fiel einer der üblichen Grünlandschnitte aus. Auch bei vielen Bäumen und Sträuchern wurde der Trockenstress immer deutlicher sichtbar. Im Obstbau kamen teils Schäden durch Überhitzung der Früchte bei gleichzeitigem Wassermangel hinzu – sogenannter Sonnenbrand. Mitunter zeigten aber auch die Blätter von Laubbäumen Sonnenbrandschäden. „Wir haben aktuell einen sehr ähnlichen Verlauf der Bodenfeuchte wie im Jahr 2018“, so Dr. Udo Busch, Leiter der Abteilung Agrarmeteorologie beim DWD. „Die Böden zeigen in weiten Teilen Deutschlands eine extreme Trockenheit, die nicht nur der Landwirtschaft große Probleme bereitet. Auch Verkehrsträger wie die Schifffahrt sind aufgrund von Niedrigwasser betroffen. Die Folgen, unter anderem für die Wälder, die eventuell ein viertes Trockenjahr innerhalb von fünf Jahren überstehen müssen, können wir heute noch gar nicht abschätzen.“ 

Schon ab März überdurchschnittlich hohe Waldbrandgefahr
Während sich eine für die Pflanzenwelt relevante Trockenheit über einige Wochen aufbaut, führt schon eine Reihe sonniger und warmer Tage zu hoher Waldbrandgefahr. Dies liegt daran, dass die auf dem Waldboden aufliegende Streuschicht, bestehend aus abgestorbenen Blättern und Nadeln, innerhalb weniger Tage austrocknen kann und damit reichlich zündfähiges Material vorhanden ist. So stieg der 5-stufige Waldbrandgefahrenindex des DWD bereits im anhaltend trockenen März häufig auf die Stufe 4 (hohe Gefahr) – im Deutschlandmittel so oft wie in keinem März der letzten Jahrzehnte. Ab Mai bestand regional und zeitweise wieder hohe (Stufe 4), gelegentlich auch sehr hohe Waldbrandgefahr (Stufe 5). Ab etwa Mitte Juli bis jetzt wurde gehäuft und teils für einige Tage am Stück sowie für weite Teile Deutschlands eine hohe bis sehr hohe Waldbrandgefahr berechnet. In diesem Zeitraum entstanden dann auch vermehrt Waldbrände, vor allem in den östlichen Bundesländern brannten sogar mehrere 100 Hektar Wald. Auch der Graslandfeuerindex, der die Brandgefahr von offenem Grasland mit einem abgestorbenen Grasanteil einschätzt, erreichte häufig großflächig Stufe 4 (hoch) und an den besonders heißen Tagen auch Stufe 5 (sehr hoch). Besonders bei der Getreideernte kam es durch Funkenflug zu einigen Bränden reifer und damit trockener Getreide- oder Stoppelfelder.

Quelle: Deutscher Wetterdienst DWD, Fotos privat

Basics: Nutzbare Feldkapazität (nFK)

Boden kann Wasser speichern. Er ist in der Lage einen Teil des Niederschlagswassers entgegen der Schwerkraft zu halten. Der Rest sickert in tiefere Zonen, letztlich bis in das Grundwasser (Gravitationswasser). Verantwortlich für die Wasserspeicherung des Bodens sind seine Festhaltekräfte (Adsorptions- und Kapillarkräfte).

Aber nicht das gesamte Bodenwasser kann durch die Pflanzen genutzt werden, da die Festhaltekräfte teilweise höher sind, als die Saugkraft der Pflanzenwurzel. Deshalb ist es möglich, dass auf einem noch feuchten Boden eine Pflanze kein Wasser mehr aufnehmen kann, also der sog. Permanente Welkepunkt erreicht ist. Die Pflanzen in gemäßigten Zonen sind in der Lage, maximal 1,5 MPa Saugspannung aufzubauen. Ist die Wasseraufnahme der Pflanze mit dieser Maximalsaugspannung erschöpft, ist der Permanente Welkepunkt mit dem Zelltod der Pflanze erreicht. Das restliche Haftwasser ist nicht mehr pflanzenverfügbar und verbleibt im Boden. Diese Situation ist vergleichbar mit einem noch feuchten Schwamm, der aber durch Auspressen kein Wasser mehr abgibt.

Generell gilt: Je kleiner die Bodenteilchen, desto höher ist die Festhaltekraft des Bodenwassers, dafür aber umso geringer ist die Wasserabgabe an die Pflanzenwurzel.

Sand (S)
2 – 0,063 mm
Schluff (U)
0,063 – 0,002 mm
Ton (T)
< 0,002 mm
Durchlässigkeit für Wasser ++
Wasserspeicherung+/-++
Wasserabgabe an die Pflanze++-/+
Bodenbearbeitung++-/+
Also: Der grobe Sand kann nur wenig Wasser speichern, gibt dieses aber sehr gut an die Pflanze ab. Umgekehrt der feine Ton, er kann sehr gut Wasser speichern, gibt aber nur wenig an die Pflanze ab.

Das für die Pflanze nutzbare Wasser kann mit einem Tensiometer gemessen und damit die Nutzbare Feldkapazität (nFK) des Bodens bestimmt werden.

Das pflanzenverfügbare Wasser kann ganz einfach mit einem Tensiometer (ca. 50€) gemessen werden. Die Tonkerze des Tensiometers hat die selben physikalische Eigenschaften einer Pflanzenwurzel (Foto: Fa. Stelzner)

Folgende Werte können als Anhaltspunkte bei der Nutzbaren Feldkapazität genannt werden:

Nutzbare Feldkapazität (nFK)
(pflanzenverfügbares Bodenwasser)
Wirkung auf Pflanzen (der gemäßigten Zonen)
0% permanenter Welkepunkt (Zelltod)
< 30 %Trockenstress
< 50 %beginnender Trockenstress
< 60 %Pflanzen beginnen ihren Wasserverbrauch zu reduzieren
60% – 80%ausreichende Wasserversorgung
80% – 100%optimale Wasserversorgung
100% – 120%einsetzender Sauerstoffmangel, Bodenporen beginnen mit Wasser geflutet zu werden
> 120%Überversorgung, Sauerstoffmangel wegen kompletter Wasserfüllung der Bodenporen

Über den Wassergehalt des Bodens kann sich jeder Nutzer tagesaktuell informieren: Dürremonitor des Helmholtzzentrum für Umweltforschung